Schwarz-Grün in Hamburg:Gerüstet für den gemeinsamen Weg

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Auf 65 Seiten haben die neuen Koalitionspartner in der Elbstadt ihre Ziele fixiert - jetzt müssen nur noch die Parteigremien dem ersten schwarz-grünen Bündnis auf Landesebene zustimmen.

Ralf Wiegand

Den historischen Moment kann man 18.09 Uhr in die Bücher eintragen: In diesem Augenblick hatten alle zwölf ständigen Mitglieder der Hamburger Koalitionsverhandlungen ihre Unterschriften unter zwei Exemplare des Vertrags "über die Zusammenrabeit in der 19. Wahlperiode der Hamburgischen Bürgerschaft" zwischen CDU und Grün-Alternativer Liste gesetzt.

Unter zwei riesigen Kronleuchtern mit maritimen Motiven startete die abenteuerliche Reise zu neuen politischen Ufern. Diese Koalition sei kein Experiment, sagte Ole von Beust, "diese Koalition ist eine Chance".

Über 100 Stunden an zwölf Verhandlungstagen hatten die Delegationen von CDU und GAL miteinander die Details des 65-seitigen Vertragswerks ausgearbeitet. "Das Ergebnis war oft für eine Seite schmerzhaft", sagte Bürgermeister Beust, denn CDU und GAL hätten eine "völlig unterschiedliche Geschichte". Entsprechend offen, fair und sachlich habe man miteinander sprechen müssen. "Wir gehen in Hamburg einen neuen politischen Weg", sagte Beust.

Die wichtigsten Punkte des Regierungsprogramms, an denen sich die schwarz-grüne Färbung ablesen lässt, liegen bei der Bildung sowie beim Klima- und Umweltschutz. Ein Knackpunkt bei den Gesprächen war die Elbvertiefung auf 14,50 Meter, damit die größten Schiffe der Welt auch in Zukunft den Hamburger Hafen erreichen können. "Diese Elbvertiefung kommt in vollem Umfang", sagte der CDU-Landesvorsitzende Michael Freytag. Allerdings setzten die Grünen die Gründung einer Stiftung zur ökologischen Verbesserung der Elbe durch, die finanziell vom Senat ausgestattet wird.

Ungelöst bleibt die Problematik Moorburg. Das Steinkohlekraftwerk, vom Energiekonzern Vattenfall geplant, beantragt und bereits im Bau begonnen, galt für die Grünen stets als inakzeptabel. Eine Lösung, wie das 1640-Megawatt-Kraftwerk definitiv zu verhindern wäre, fanden die Kommissionen aber offensichtlich nicht. So soll die Behörde für Umwelt und Stadtentwicklung, künftig geleitet von der grünen Senatorin Anja Hajduk, rechtlich prüfen, ob die endgültige Genehmigung für Moorburg erteilt oder verweigert werden kann.

Gleichzeitig soll der Betrieb des Fernwärmenetzes, für das sich die Stadt Hamburg bis 2014 an Vattenfall gebunden hat, für die Zeit danach europaweit ausgeschrieben werden. Dazu könnte auch der Bau eines Gaskraftwerks gehören.

In Sachen Bildung wurde die künftige Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) geradezu euphorisch. "Wir schreiben Bildungsgeschichte", sagte sie mit Blick auf die sechsjährige, gemeinsame Schule, die Hamburg einführen wird. "Wir erfüllen als erstes Bundesland europäische Standards, indem wir nicht mehr so früh auslesen."

Zum Regierungsprogramm gehört überdies die Kürzung der Studiengebühr von 500 auf 375 Euro pro Semester und die nachgelagerte Erhebung: Studenten zahlen erst, wenn sie im Job Geld verdienen. Insgesamt erreiche Hamburg "eine neue Qualität des Lernens".

Das Pesonaltableau, das Beust präsentierte, brachte Überraschungen. So wird Innensenator Udo Nagel nicht mehr dem Kabinett angehören. Die CDU, so war zu hören, akzeptiere keine zwei parteilosen Senatoren in der künftigen Regierung. Nagel wird durch den CDU-Politiker und Staatsrat Christoph Ahlhaus ersetzt. Zudem verliert die CDU das Justizressort an die Grünen: Till Steffen wird den bisherigen Senator Carsten Lüdemann ersetzen.

Einen neuen Zuschnitt bekommt die Behörde der bisherigen Kultur-Senatorin Karin Welck, das um Sport und Medien erweitert wird. Die Grünen besetzen neben dem Justiz-Ressort noch die Behörden für Stadtentwicklung und Umwelt (Anja Hajduk) und Bildung (Christa Goetsch). Der bisherige Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko wird Wirtschaftssenator, Dietrich Wersich wird Nachfolger der Sozialsenatorin Schnieber-Jastram. Michael Freytag (CDU) bleibt Finanzsenator.

© SZ vom 18.04.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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