Schwarz-Grün in Hamburg:Ex-SPD-Bürgermeister hält Schwarz-Grün für "gute Kombination"

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Hört, hört: Hamburgs ehemaliger SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi findet Gefallen an der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene. Die Bundes-SPD ist dagegen wütend auf die Grünen, die nicht um einen Konter verlegen sind.

Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) sieht die Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene als "das Ergebnis einer ganz normalen politischen Entwicklung". "Ich hatte mich vor der Bürgerschaftswahl gegen eine rot-grüne Koalition ausgesprochen, weil hierbei keine der Parteien ihren Schwerpunkt im Bereich Wirtschaft gehabt hätte. Das kann nicht gut sein für Hamburg. Ich finde, gute Kombinationen sind SPD und FDP oder CDU und GAL", sagte der ehemalige Bürgermeister der Welt am Sonntag.

"Gute Kombination": Hamburgs ehemaliger SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi findet Gefallen an der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene (Foto: Foto: ddp)

Dohnanyi war von 1981 bis 1988 Bürgermeister in Hamburg. Dohnanyi zieht Schwarz-Grün auch der Bildung einer großen Koalition vor. "Große Koalitionen sind sinnvoll, wenn besonders auf der Bundesebene wichtige, wirklich große Probleme zu lösen sind, wie Steuern, Sozialgesetze, Sicherheit. Insofern finde ich, dass die Leistung der Bundesregierung unter Wert beurteilt wird. Auf der Ebene der Stadt sind die Dinge hautnäher. Und es ist generell gut, dass Grüne und auch FDP jetzt wieder beweglicher werden. Deswegen hatte ich schon vor Jahren gesagt, dass Schwarz-Grün eine gute Option ist." Seiner eigenen der Partei rät von Dohnanyi zu konstruktiver Arbeit in der Opposition. "Dann wird die SPD auch wieder eine gute Chance haben."

Ganz andere Töne schlug dagegen die Spitze der Bundes-SPD an. Parteichef Kurt Beck griff die Grünen wegen der geplanten Koalition mit der CDU in Hamburg scharf an. Die Koalition aus CDU und Grünen sei "zusammengeschustert", sagte Beck auf dem Bundeskongress der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in Kassel. "Das ist Industriefeindlichkeit, gepaart mit Kompromissen, die keine Probleme lösen", kritisierte Beck.

Nichts sei dort sicher im Interesse der Arbeitnehmerschaft. Die Grünen seien der SPD im Kampf gegen Studiengebühren in den Rücken gefallen: "Ihr habt die Forderung 'Keine Studiengebühren' für die Macht geopfert."

Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel attackierte die Hamburger Koalitionsvereinbarung. Sie sei "energie- und umweltpolitisch fatal", sagte der SPD-Politiker der Frankfurter Rundschau.

Die Grünen öffneten mit ihrem Widerstand gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke "den Atomlobbyisten klammheimlich die Türen" und seien mit einem sehr wirtschafsliberalen Kurs auf dem Weg zu einer "FDP light". Der Hamburger CDU warf Gabriel vor: "Die Union torpediert die Energiepolitik ihrer eigenen Kanzlerin".

"Mit Inbrunst aus dem Kaffeesatz lesen"

Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer wehrte die SPD-Kritik an der schwarz-grünen Koalition in Hamburg als "unehrlich und unsinnig" ab. "Weder in der Schulpolitik noch bei der Ökologie noch im Justizbereich hätte die SPD in Hamburg in einer großen Koalition erreicht, was wir Grünen durchgesetzt haben", sagte er Nachrichtenagentru dpa.

"Denn die SPD weiß auch in Hamburg nicht, wo sie hin will." Er warf SPD- Chef Kurt Beck und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, sich "aufs hohe Ross" zu setzen.

Die grüne Bundestags-Fraktionschefin Renate Künast wies parteiinterne Kritik an Schwarz-Grün zurück. "Man muss die Courage zeigen, für die Sache einzutreten, nicht für Farbkombinationen", sagte sie den Kieler Nachrichten. Man müsse auch die Frage stellen, ob die Grünen es ertragen könnten, die Hände in den Schoß zu legen und eine schwarz-rote Koalition walten zu lassen.

Der Parteilinke Robert Zion hatte davor gewarnt, dass die Grünen bis zu einem Drittel ihrer Wähler verlieren könnten. "Ich weiß nicht, woher manche Leute ihren Kaffeesatz beziehen, aus dem sie mit großen Inbrunst lesen", erwiderte Künast.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, nannte das schwarz-grüne Bündnis in der Hansestadt ein positives Signal. "Es ist gut, dass es jetzt einen Testfall gibt", sagte er der Berliner Zeitung. Die Union müsse für solche Konstellationen offen bleiben.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sieht trotz der neuen Koalition in Hamburg keinen Grund für eine Neuausrichtung seiner Partei. "Ich glaube schon, dass wir von den Inhalten her richtig liegen. Wir dürfen nicht der Versuchung unterliegen, das zu machen, was alle machen, nämlich Oskar Lafontaine nachzulaufen", sagte Brüderle dem Hamburger Abendblatt. Die Liberalen seien nach verschiedenen Richtungen bündnisfähig, auch mit der SPD.

CDU und Grüne haben sich in Hamburg darauf verständigt, die Studiengebühren von bisher 500 Euro pro Semester auf 375 Euro zu reduzieren und "nachzulagern". Das heißt, sie müssen erst nach Ende des Studiums und ab einem Brutto-Einkommen von 30.000 Euro pro Jahr innerhalb von zehn Jahren gezahlt werden.

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