Schulterschluss:DGB und CSU planen gemeinsames Gesundheitspapier

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Am Sonntag hatte CSU-Chef Stoiber im Fernsehen noch betont, dass er keine größeren Gemeinsamkeiten mit dem DGB sieht. Einen Tag und ein Treffen mit DGB-Chef Sommer später sieht das schon ganz anders aus.

(SZ vom 28.10.2003) - München - CSU und DGB wollen gemeinsam ein Konzept für eine neue Gesundheitsreform erarbeiten. Dieses soll erstes Ergebnis eines langfristig angelegten Dialogs sein, der am Montag mit dem Besuch von Michael Sommer, dem Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), beim Präsidium der CSU begann. Es war das erste derartige Treffen überhaupt.

CSU und DGB hätten sich "gemeinsam verständigt", bei einer neuen Reform der Gesundheitssysteme die Interessen der Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, sagte CSU-Chef Stoiber. Sommer erklärte: "Ich kenne kein besseres Mittel als einen fairen Wettbewerb, um dieses System effektiver zu machen."

Beide Organisationen wollen das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit in den Gesetzgebungsprozess "dann auch gemeinsam einspeisen", sagte Stoiber. Die gerade erst von der Bundesregierung in Absprache mit der Opposition beschlossene Gesundheitsreform werde nur wenige Jahre halten, daher müsse schon jetzt über die nächsten Schritte nachgedacht werden.

Kopfpauschale stößt auf Ablehnung

Stoiber wie Sommer betonten, dass sie schon heute gemeinsam die Einführung der Kopfpauschale als neue Krankenversicherung ablehnen. Nach diesem Modell, das die CSU-Schwesterpartei CDU vertritt, müsste jeder Versicherte unabhängig von der Höhe seines Einkommens gleich viel einzahlen. Bedürftige würden mit Steuermitteln in Milliardenhöhe unterstützt.

Die Gewerkschaften fordern stattdessen eine Bürgerversicherung, wie sie auch die Koalition vorschlägt, in die neben Lohn und Gehalt etwa auch Zinseinkünfte einbezogen würden. Hier wolle er noch auf Stoiber "argumentativ einwirken", sagte Sommer.

Stoiber und Sommer signalisierten nach dem mehr als dreistündigen Gespräch deutlich, dass sie aufeinander zugehen wollen. Sommer sagte, er sei "sehr dankbar" für das Treffen. "Dass die CSU von den Wählern in Bayern als Schutzmacht der kleinen Leute gesehen wird, entnehme ich den Wahlanalysen", erklärte Sommer. Er wolle dies auch nicht verschweigen. Stoiber wiederum erklärte, das Land brauche "starke Gewerkschaften". Er halte nichts davon, diese "in einer Situation, in der sie Mitglieder verlieren, noch politisch in die Ecke zu stellen".

CSU und DGB für Vorziehen der Steuerreform

Außer in der Gesundheitspolitik sahen CSU und DGB Übereinstimmungen bei der Förderung von Investitionen etwa in der Gentechnik, bei der Forderung nach stärkerer Unterstützung für Eltern mit Kindern sowie bei der Verbesserung der Beschäftigungs-Chancen von Älteren. Hier sei die Rente mit 67 keine Lösung, sagte Stoiber. Zudem sind beide Organisationen für ein Vorziehen der Steuerreform der Bundesregierung - nur dass der DGB dies bis zu 33 Prozent über Schulden finanziert sehen will, die CSU nur bis zu 25 Prozent.

Große Differenzen ergaben sich in der Frage, ob betriebliche Abweichungen vom Flächentarif dem Einfluss der Gewerkschaften entzogen werden sollen, sowie beim Problem der Lockerung des Kündigungsschutzes. Weiterer Streitpunkt war die Bezahlung von Auszubildenden: Stoiber will diese senken, um mehr Lehrstellen zu schaffen. Sommer warnte ferner vor einem "Flächenbrand" bei der Arbeitszeitverlängerung im Öffentlichen Dienst, wie sie Stoiber fordert.

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