Schröder zu Urlaubsverzicht:"So kann man Deutschland nicht behandeln"

Lesezeit: 2 min

Der Kanzler hat seine Entscheidung verteidigt, nicht nach Italien in Urlaub zu fahren. Seine Kabinettskollegen Schily und Fischer ficht dies nicht an. Sie werden wie geplant in der Toskana urlauben.

Bundeskanzler Schröder hat den Verzicht auf seinen Italien-Urlaub verteidigt. "Ich halte unbedingt an meiner Urlaubsentscheidung fest, weil man Deutschland nicht so behandeln kann, wie es behandelt wurde", sagte er der Financial Times Deutschland.

Der Kanzler zeigte sich überzeugt, dass die Wortwechsel der vergangenen Tage das deutsch-italienische Verhältnis nicht grundsätzlich beschädigten.

Ironisch nahm Schröder den Vorschlag von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi aufs Korn, der sich dafür ausgesprochen hatte, auch Russland und Israel in die EU aufzunehmen.

"Ich glaube, dass dieser Vorschlag ein wenig zu ehrgeizig ist", sagte der Kanzler. Berlusconi sollte die Anregung "noch einmal überdenken".

Schröder hatte am Mittwoch nach pauschalen Beschimpfungen deutscher Touristen durch den zuständigen römischen Staatssekretär Stefano Stefani seinen geplanten Adria-Urlaub mit der Familie abgesagt. Er will sich nun zu Hause in Hannover erholen.

Regierungssprecher Bela Anda wies darauf hin, dass die Äußerungen des Staatssekretärs auch in Italien selbst auf Kritik gestoßen seien. Es gebe zumindest Anzeichen dafür, dass Stefanis Bemerkungen dort zu "einem Nachdenken" geführt hätten.

Italiens Europaminister Rocco Buttiglione nannte die Beschimpfungen des Lega-Nord-Politikers Stefani "verrückt" und forderte dessen Rücktritt. Sie entsprächen nicht den Gefühlen des italienischen Volkes, sagt er im InfoRadio Berlin-Brandenburg.

Gleichzeitig forderte Buttiglione aber auch den Rücktritt des deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz (SPD). Dieser hatte Berlusconis Kurs vorige Woche in Straßburg scharf angegriffen und war daraufhin vom italienischen Regierungschef mit einem Nazi-Schergen verglichen worden. "Herr Schulz ist nicht Richter über die freie Entscheidung des italienischen Volkes", sagte der Europaminister.

Nachdem auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz seinen geplanten Italien-Aufenthalt gestrichen hat, wandte sich die Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe, die SPD-Abgeordnete Ulla Burchardt, dagegen, das Land künftig zu meiden.

"Es kann keinen Kollektiv-Aufruf geben: Deutsche fahrt nicht mehr nach Italien", sagte sie der Zeitung Neue Presse in Hannover: "Das wäre der Geist, den der Staatssekretär beschworen hat."

Dem Vernehmen nach wollen Außenminister Joschka Fischer sowie Innenminister Otto Schily und Entwicklungsministerin Heidemarie Wiezorek-Zeul sowie andere bekannte Koalitionspolitiker wie geplant nach Italien in Urlaub fahren.

Unterdessen scheinen die jüngsten Kontroversen zwischen Italien und Deutschland der Beliebtheit des italienischen Ministerpräsidenten zu schaden. Nach einer vom Magazin "L'Espresso" am Freitag veröffentlichten Umfrage ist Berlusconis Ansehen bei 20 Prozent der Italiener schlechter geworden.

Nur fünf Prozent der Befragten erklärten, sie schätzten Berlusconi mehr als vorher. Bei Parlamentswahlen würde Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis derzeit noch 44 Prozent erreichen.

(sueddeutsche.de/AP)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: