Schröder über NRW-Querelen:"Ich dachte, ich hätte so schon genug zu tun."

Lesezeit: 2 min

Die Krise in Düsseldorf irritiert die Bundes-SPD. Bundeskanzler Gerhard Schröder reagiert genervt auf die Querelen aus Nordrhein-Westfalen. In Berlin wird befürchtet, dass ein Koalitionsbruch die rot-grüne Bundesregierung gefährden könnte.

(SZ vom 28.05.03) - Der Kanzler hatte offenbar wenig Lust, über Nordrhein-Westfalen zu reden. Als in der Klausursitzung der SPD-Bundestagsfraktion am Dienstag die Koalitionskrise in Düsseldorf zur Sprache kam, soll Gerhard Schröder ziemlich genervt reagiert haben.

Die einen zitierten den Parteichef später mit den Worten: "Wir haben eine neue Diskussion, man glaubt es kaum, aber es ist so." Andere wollen von Schröder den Satz vernommen haben: "Ich dachte, ich hätte so schon genug zu tun."

Die offizielle Linie vertrat später Generalsekretär Olaf Scholz. Er bezeichnete die Debatte über ein Ende von Rot-Grün in Düsseldorf als übertrieben. "Die Koalition wird halten", prophezeite Scholz. So weit wollte Fraktionschef Franz Müntefering, ehemals NRW-Landesvorsitzender, nicht gehen.

Querelen bei vernichtenden 25 Prozent

Er kündigte lediglich an, dass bei einem Treffen Schröders mit Ministerpräsident Peer Steinbrück am Donnerstag erörtert werden solle, welche Konsequenzen ein Ende der Koalition haben könnte. Am meisten ärgert den Kanzler dem Vernehmen nach der Zeitpunkt der Querelen.

Bei 25 Prozent liegt die SPD bundesweit in der jüngsten Umfrage des Forsa-Instituts - ein Wert, wie er für die Sozialdemokraten noch nie zuvor gemessen wurde. Und noch ist auch keineswegs sicher, dass Schröder für die Agenda 2010 die Reihen seiner Fraktion geschlossen halten kann.

Eigentlich wollte der Kanzler deshalb trotz fehlender Verdienste daran ein wenig Honig aus dem SPD-Sieg in Bremen für sich saugen. So schön hatte er sich die Parallele zurecht gezimmert, wonach man aus Bremen lernen könne, dass eine Partei zusammenstehen und vor allem ihren Spitzenmann unterstützen müsse.

Doch nun überlagert die Hartleibigkeit des Parteifreundes Steinbrück Schröders Appelle und nährt den Verdacht, dass der Bremer Henning Scherf nicht der einzige Sozialdemokrat sein könnte, der seine Zukunftsvorsorge lieber ohne Schröder betreibt.

Rätseln über Rolle Clements

Bis zum Dienstag, so ist zu hören, habe Schröder noch nicht den direkten Kontakt mit Steinbrück gesucht. Nur "eine Ebene darunter" versuche die Bundes-SPD bislang, Einfluss zu nehmen. Ansprechpartner sei dabei vor allem Landeschef Harald Schartau. Ihm wurde bislang nachgesagt, er wolle Rot-Grün an Rhein und Ruhr erhalten - so ganz sicher allerdings ist man sich da in Berlin inzwischen auch nicht mehr.

Erstes Ziel sei es jedenfalls, zunächst einmal die Stimmung zu beruhigen. Eingeschaltet haben sich auch die Bundestagsabgeordneten der SPD aus Nordrhein-Westfalen. Sie nutzten am Dienstag die Mittagspause der Klausurtagung zu einer Krisensitzung, an der auch Fraktionschef Müntefering und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt teilnahmen.

Die überwältigende Mehrheit, so war später zu hören, habe sich für den Fortbestand der Düsseldorfer Koalition ausgesprochen. Landesgruppenchef Hans-Peter Kemper wurde beauftragt, noch vor dem Showdown zwischen Schröder und Steinbrück am Donnerstagabend besänftigend auf die Düsseldorfer einzuwirken.

Eine Hauptrolle bei dem Treffen im Kanzleramt dürfte dann allerdings Steinbrücks Vorgänger Wolfgang Clement spielen, mittlerweile Wirtschaftsminister in Berlin. Der hat bislang gar nichts gesagt, und nun rätseln die Auguren, ob sich dahinter Disziplin verbirgt oder ein stillschweigendes Einverständnis mit Steinbrücks Vorgehen.

Immerhin hatte sich auch Clement als Ministerpräsident immer wieder durch Streit mit seinem Juniorpartner hervorgetan, weshalb eine gewisse Sympathie für den Bruch mit den Grünen nicht ganz abwegig erscheint. Andererseits hat Clement als Kabinettsmitglied in Berlin zumindest öffentlich von Beginn an Loyalität zur obersten Ministerpflicht erklärt.

© Von Nico Fried - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: