Schröder-Köpf strebt in den Landtag:Prominent gegen etabliert

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"Vorne ist vorne": Bei der vierten von fünf Vorabstimmungen für eine SPD-Landtagskandidatur macht Doris Schröder-Köpf ihre eigene Rechnung auf und düpiert damit ihre Rivalin. Dabei hat die Altkanzler-Gattin den Sieg alles andere als in der Tasche - eigentlich.

Ralf Wiegand, Hannover

Gerade hatte Sigrid Leuschner angesetzt, das "gute persönliche Verhältnis" zwischen ihr und ihrer Rivalin um den Wahlkreis 24 zu preisen, da flog hinter ihr die Tür auf und Doris Schröder-Köpf tänzelte aus dem Sitzungssaal. Sie wolle nur rasch darüber informieren, platzte es aus der Gattin des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder heraus, "dass ich in der Addition jetzt 23 Stimmen vorne liege". Das sei ja wohl eindeutig.

Doris Schröder-Köpf (l.) will in den Landtag. Doch damit dass klappt, müsste sie sich gegen Sigrid Leuschner durchsetzen. (Foto: dpa)

Wenn sie bei ihrer eigenen politischen Karriere auch "keine inhaltliche Unterstützung" von ihrem Mann bekomme, wie sie sagt: Wie man einen tatsächlichen Rückstand in einen gefühlten Vorsprung umdeutet, könnte Doris Schröder-Köpf gut vom Gatten Gerhard gelernt haben.

Zwar hat sie am Mittwochabend bei der vierten von fünf Ortsvereins-Entscheidungen über die SPD-Landtagskandidatur im Wahlkreis 24 tatsächlich haushoch - mit 45:15 Stimmen - gewonnen, doch das bringt sie nicht in Führung. Leuschner hatte in den drei Runden zuvor 38:34 bzw. 37:34 gewonnen, in einem Verein hatte es ein Patt (22:22) gegeben.

Die Gesamtzahl der Stimmen spielt dabei keine Rolle: Jeder Ortsverein verfügt je nach Größe über eine bestimmte Zahl von Delegierten, und die sollen sich bei der eigentlichen Kandidatenkür am 21. März nach der Empfehlung ihres jeweiligen Ortvereins richten. Ob der mit einer Stimme Vorsprung gewonnen wurde oder mit 25 ist egal: The winner takes it all. Sigrid Leuschner hat vor dem letzten Ortsvereins-Entscheid schon 21 von 40 Delegierten auf ihrer Seite.

Doch Schröder-Köpf war das im Überschwang des ersten Sieges egal. Dieses Ergebnis würde endlich widerspiegeln, was die Leute wirklich wollten, nämlich sie. "Vorne ist vorne", trällerte Schröder-Köpf noch, ehe sie die konsternierte Frau Leuschner wieder sich selbst überließ. Von Harmonie war da keine Rede mehr.

Umgebung grau - Glamour vergebens

Man muss die Leiter der Parteihierarchie schon tief hinunter steigen, bis man in den niedersächsischen Wahlkreis 24 gelangt und hier in den SPD-Ortsverein Kirchrode-Bemerode-Wülferode. Die Versammlung am Mittwoch fand in der Aula der Grundschule statt, an der Decke baumeln Heißluftballons aus Buntpapier.

Die Umgebung ist grau, Wohnblocks an Ausfallstraßen, da vermag auch eine Frau, bekannt aus Funk und Fernsehen, keinen Glamour zu verbreiten: Unter den Basis-Genossen sind Prominenz und die Agenda-Politik ihres Mannes für Schröder-Köpf eher eine Belastung. Außerhalb der Partei aber könnte sie Interesse wecken, Wähler locken.

Es ist wie in einer schönen Soap: Eine schillernde Newcomerin gegen eine Abgeordnete, die seit 16 Jahren im Parlament sitzt. Eine, die noch nie Plakate geklebt hat gegen eine, die unter roten SPD-Schirmen schon Tausende Kugelschreiber verschenkt hat. Jung gegen alt, prominent gegen etabliert.

Inhaltlich lässt sich leider nicht viel sagen: Die Vorstellungs-Tournee ist, entgegen der von SPD-Chef Sigmar Gabriel proklamierten neuen Mitmach-SPD, nicht öffentlich, Interviewanfragen an Doris Schröder-Köpf wurden negativ beschieden.

Leuschner, 60, muss nun auf die Loyalität der Delegierten ihren Ortsvereinen gegenüber hoffen. Rein rechtlich aber sind die Delegierten frei in ihrer Entscheidung. Und Schröder-Köpf, 48, geht davon aus, dass sie das auch wahrnehmen. Sigrid Leuschner wiederum sieht die Ortsvereins-Voten als bindend an - logisch, so würde sie sicher gewinnen.

Die Parteispitze in Niedersachsen wird indes nicht müde, die Unabhängigkeit der Delegierten zu betonen, als wolle sie so Schröder-Köpf fördern. Die Altkanzler-Gattin, heißt es in Hannover, könnte im Falle eines Wahlsieges der SPD 2013 eine Karriere machen wie einst Ursula von der Leyen für die CDU: Aus dem Nichts ins Parlament und direkt ins Kabinett. Erst mal aber wird sie weiter versuchen, ihre Sicht darüber unters Parteivolk zu bringen, was vorne ist. Und wer.

© SZ vom 03.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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