Schlussgottesdienst:Kirchentag ruft zu Dialog mit Terroristen auf

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Mit einem feierlichen Gottesdienst am Rheinufer vor gut 100.000 Menschen und einem Appell zum Dialog selbst mit Terroristen ist der 31. Evangelische Kirchentag in Köln zu Ende gegangen.

Auch Taliban und Terroristen gehörten an den Verhandlungstisch, sagte Kirchentagspräsident Reinhard Höppner. "Nur wo auch mein Feind einen menschenwürdigen Platz hat, kann Frieden werden." Rund eine Million Besucher waren seit Mittwoch zu den 3000 Veranstaltungen in die Domstadt gekommen.

Abschlussgottesdienst am Rheinufer (Foto: Foto: ddp)

Im Mai 2009 richtet Bremen den nächste Evangelischen Kirchentag aus. Im kommenden Jahr ist Osnabrück Schauplatz des Katholischen Kirchentags.

Die Themen des parallelen G-8-Gipfels von Heiligendamm - Globalisierung, Klimawandel, Hilfe für die ärmsten Länder - bestimmten bis zum Schluss die Diskussionen des fünftägigen Protestantentreffens, das unter dem Motto "lebendig und kräftig und schärfer" stand.

Mit einem "Ruf an den G-8-Gipfel" hatte der Kirchentag zur Achtung der Menschenwürde aufgerufen. Zudem nahmen die Themen Stillstand bei der Ökumene und das teils angespannte Verhältnis des Christentums zum Islam breiten Raum ein. Bibelarbeiten waren oft überlaufen, allein beim "Abend der Begegnung" zum Start des Kirchentags waren 400.000 Menschen in der Innenstadt auf den Beinen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler warnten am Samstag vor westlicher Überheblichkeit im Umgang mit afrikanischen Ländern. Zudem forderte Merkel weltweite soziale und ökologische Mindeststandards, um die Globalisierung erfolgreich zu gestalten.

"Wir können unmöglich Afrika mit unserer europäischen Erfahrung etwas aufdrängen." Köhler warb für ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Europa und Afrika. Dabei seien neben den G8- Staaten auch die Welthandelsorganisation und die Weltbank gefordert.

Lehmann will Gottesdienst in Saudi-Arabien halten

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, forderte Religionsfreiheit für Christen in islamischen Ländern.

Wenn in Europa repräsentative Moscheen gebaut werden könnten, "dann möchte ich in Saudi-Arabien Gottesdienst halten dürfen, ohne verhaftet zu werden", sagte der katholische Kirchenführer.

Wirkliche Religionsfreiheit könne nur wechselseitig praktiziert werden. Zuvor war die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dem Vorwurf muslimischer Verbände entgegengetreten, sie beabsichtige beim Dialog mit dem Islam eine christliche Mission.

Ausgerechnet im katholisch geprägten Köln hat der Deutsche Evangelische Kirchentag nach den bilanzierenden Worten Höppners "eine neue Qualität von Begeisterung" erfahren. Gleichzeitig betonte Höppner, die Kirche müsse sich in Fragen der Globalisierung mehr Gehör verschaffen.

Der rheinische Präses Nikolaus Schneiders sagte mit Blick auf gewalttätige Proteste gegen den G8-Gipfel: "Unsere Waffen sind nicht Pflastersteine und Molotow-Cocktails, sondern das lebendige und verändernde Wort Gottes."

Doch nur ein Almosen

Die Pfarrerin Mechthild Werner äußerte in ihrer Predigt während des Schlussgottesdienstes scharfe Kritik am G8-Gipfel. Die Milliardenhilfen für Afrika seien "besser als nichts, aber doch ein Almosen", sagte sie.

Bei einer Diskussion mit dem Friedensnobelpreisträger Muhammed Yunus sagte Merkel, dass der G8-Gipfel nur "einer von ganz vielen Schritten" auf dem Weg zu einer gerechteren Weltwirtschaft gewesen sei. "Wichtig ist doch: Kann ich aus vollem Herzen sagen, wir sind nach diesem Gipfel einen Schritt weiter, als wir es vorher waren? Das kann ich mit einem klaren "ja" beantworten."

Gleichzeitig sagte sie: "Wir müssen aufhören, so zu tun, als ob es "Erlösungsereignisse" gibt, die die Welt von einen Tag auf den anderen besser machen."

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