Schily in der Offensive:"Nur ein paar Hanseln, die mich kritisieren"

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Der Streit über die Razzia gegen die Zeitschrift Cicero spitzt sich zu. Der Bundesinnenminister hat seine Kritiker in scharfer Form attackiert und alle Vorwürfe zurückgewiesen.

"Es sind doch nur ein paar Hanseln, die mich kritisieren", sagte Otto Schily (SPD) dem Spiegel. Der Minister warf dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, und der Vorsitzenden des Kulturausschusses im Bundestag, Monika Griefahn (SPD), "Rechtsunkenntnis" vor. "Frau Griefahn sollte sich bei mir entschuldigen für ihr törichtes Gerede."

Otto Schily (Foto: Foto: ddp)

Griefahn hatte Schily aufgefordert, sich bei den betroffenen Journalisten zu entschuldigen. Der Grünen-Chefin Claudia Roth, die ihm einen Angriff auf Demokratie und Pressefreiheit vorgeworfen hatte, erwiderte Schily: "Der Vorwurf von Frau Roth ist an Albernheit nicht zu übertreffen." Auch Journalisten müssten Gesetze beachten. "Geheimnisverrat ist nicht irgendeine Ordnungswidrigkeit."

Der Cicero-Redakteur Bruno Schirra soll Beihilfe zur Weitergabe geheimer Unterlagen geleistet haben. In einem Artikel über den jordanischen Terroristenführer Abu Mussab al-Sarkawi hatte er aus geheimen Unterlagen des Bundeskriminalamts (BKA) zitiert. Die Polizei hatte daraufhin im September Redaktionsräume der Potsdamer Zeitschrift und Schirras Wohnung durchsucht. Politiker aller Parteien, darunter auch Schilys Parteifreund Wiefelspütz, bewerteten dies als unverhältnismäßig.

Schirra erhob unterdessen neue Vorwürfe. Er habe mehrere Hinweise erhalten, wonach seine Telefone ohne richterliche Genehmigung abgehört würden, sagte er der Welt am Sonntag. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisierte die BKA-Leitung: "Der Führungsstil des Amtsleitung läuft katastrophal aus der Spur", sagte der BDK- Gesamtvorsitzende Klaus Jansen dem Focus. Wegen eines Generalverdachts gegen mehr als 200 BKA-Mitarbeiter seien die Beamten völlig verunsichert. Bei der Suche nach undichten Stellen im BKA könne man "nicht mit der Schrotflinte ermitteln".

Nach Focus-Informationen richtet sich der Verdacht gegen Beamte aus drei Staatsschutz-Referaten in Meckenheim bei Bonn. Aus ihren Reihen soll das politisch brisante BKA-Dossier über Mussab al-Sarkawi an den "Cicero-Redakteur weitergereicht worden sein.

Am kommenden Donnerstag muss sich Schily in einer Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen. FDP, Grüne und Linkspartei drohen mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Grünen-Chef Bütikofer sagte der Leipziger Volkszeitung: "Otto Schily geriet in den letzten Jahren immer in Versuchung, sich selbst mit dem Staat zu verwechseln. Damit läuft er Gefahr, das Wesen demokratisch verliehener Macht zu verkennen." Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) warf dem Minister ein falsches Verständnis von Pressefreiheit vor.

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