Sauerland-Gruppe vor Gericht:Bühne für "Richter Tacheles"

Lesezeit: 1 min

Ottmar Breidling wird den Prozess gegen die Sauerland-Gruppe leiten. Der Richter ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen - weder gegenüber den Angeklagten noch gegenüber der Politik.

Dirk Graalmann

Ottmar Breidling wird sich kaum mit einer Nebenrolle begnügen. Wenn der 62-jährige als Vorsitzender Richter des 6. Strafsenats am Düsseldorfer Oberlandesgericht den Prozess eröffnet, dürfte er wieder einmal die große Bühne nutzen.

Die Nebenrolle ist ihm nicht auf den Leib geschrieben: Richter Ottmar Breidling, hier zu sehen in einem Terror-Prozess 2003. (Foto: Foto: ddp)

Breidling, seit 1996 für "Terror-Prozesse" zuständig, gilt nicht als zurückhaltender Moderator des Verfahrens. Der gebürtige Bremer ist gefürchtet ob seiner straffen Verhandlungsführung, gepaart mit einer Melange aus deftiger Sprache und blumigen Bildern.

Er wolle "keine Geschichten aus 1001Nacht hören", appelliert Breidling gern zu Prozessbeginn an nicht geständige Angeklagte. Doch nicht nur die vier Beschuldigten im Sauerland-Verfahren dürfen beim Vorsitzenden Richter kaum auf Milde hoffen.

Breidling nutzt die Prozesse in der Regel zu Mahnungen an den Gesetzgeber. Im Vorwort seiner mündlichen Urteilsbegründungen steht regelmäßig die Politik am Pranger. Und damit seine Philippika auch partout die öffentliche Wirkung nicht verfehlt, lässt Breidling seine Ausführungen fein säuberlich getippt umgehend den Journalisten zukommen.

Breidling weiß, wovon er redet. Insgesamt fünf Jahre lang war er als Referent im Bundesjustizministerium tätig, er kennt also die Zwänge und Mechanismen der Gesetzgebung in der Hauptstadt.

Das hält den überaus selbstbewussten Juristen nicht davon ab, den Regierungen - unabhängig ihrer politischen Couleur - immer wieder gesetzgeberische Aufträge ins Stammbuch zu schreiben.

Im Prozess gegen Metin Kaplan, dem "Kalifen von Köln" zürnte er über "lasches oder überängstliches Vorgehen", "ja wehrloses Wegschauen" der zuständigen Behörden. In anderen Prozessen ätzte er gegen die "unglaublichen Missstände" bei der Anwendung des Ausländerrechts, kämpfte aus dem Gerichtsaal leidenschaftlich für die Kronzeugenregelung und eine "handhabbare und schlagkräftige Wohnraumüberwachung".

Wie der Jurist generell die Bedrohungslage bewertet, offenbarte er in seinem Urteil zum Kofferbomber-Prozess. Das Verfahren, so Breidling, habe gezeigt, "wie groß in diesem Land die Gefahr terroristischer Anschläge durch aufgeheizte und verblendete Radikalislamisten ist." Der Focus taufte ihn einst "Richter Tacheles". Breidling dürfte dies als Kompliment gewertet haben.

© SZ vom 20.04.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: