Sauerland-Gruppe: Prozess:Chemie-Händler verweigert die Aussage

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Der Lieferant der Bomben-Chemikalien sagt im Sauerland-Prozess nicht aus, identifiziert aber einen Angeklagten als Käufer des Wasserstoffperoxids.

Der Chemikalien-Lieferant für den Bombenbau der islamistischen Sauerland-Gruppe hat sich im Prozess gegen die mutmaßlichen Terroristen wenig auskunftsfreudig gezeigt. Der 38- jährige Internet-Händler aus dem niedersächsischen Hodenhagen, gegen den selbst ermittelt wird, verweigerte am Dienstag zu fast allen Fragen des Gerichts die Aussage.

Tonnenweise Chemikalien: Der Angeklagte Daniel Schneider (Bild) wurde von dem befragten Chemielieferanten als Käufer identifiziert. (Foto: Foto: ddp)

Der 38-Jährige bezeichnete im Gerichtssaal lediglich den Angeklagten Daniel Schneider als Käufer des Wasserstoffperoxids, mit dem die Islamisten die Bomben herstellen wollten. Nach Erkenntnissen der Ermittler aus der Überwachung hatte aber der mutmaßliche Rädelsführer Fritz Gelowicz die Fässer mit den Chemikalien bestellt und in fünf Touren abgeholt.

Als der Chemikalien-Händler im Saal auf Schneider wies ("Im Prinzip könnte es der zweite von links sein, die anderen definitiv nicht"), grinste dieser. Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling sagte daraufhin zu Schneider: "Daraus kann man schließen, dass Sie es nicht waren."

Der Händler war nicht nur bei der Überwachung der Sauerlandgruppe, sondern zudem im Juli vergangenen Jahres bei einer bundesweiten Razzia ins Visier der Fahnder geraten. Damals waren bei mehreren Händlern tonnenweise Chemikalien beschlagnahmt worden, die zur Herstellung von Drogen und Sprengstoff verwendet werden konnten.

Das Wasserstoffperoxid für die Sauerland-Gruppe hatte der Händler größtenteils über einen Unternehmer bezogen, der eine Spezialreinigung für Industrieanlagen betreibt. Beide teilten sich in Hodenhagen eine Halle in einem ehemaligen Bundeswehrdepot als Materiallager.

Der als Zeuge geladene 34-jährige Unternehmer sagte, er habe sechs Fässer mit je 65 Kilogramm Wasserstoffperoxid für den Händler über einen Chemiebetrieb in Hannover bezogen. Der Händler habe ihm gegenüber behauptet, mit dem Bleichmittel Chemiekanister reinigen zu wollen.

Am vergangenen Mittwoch war der Angeklagte Adem Yilmaz mit einem Zettel erwischt worden, den ihm Schneider zugesteckt hatte. In dem vom Vorsitzenden verlesenen Kassiber hieß es unter anderem: "Wann ist es sinnvoll, dass alle schweigen oder aussagen?" Danach wurden nach Angaben von Richter Ottmar Breidling erneut die Zellen aller vier Angeklagten durchsucht, ohne dass weitere relevante Papiere gefunden wurden.

Auf die Frage des Richters an Schneider, ob dieser ein Geständnis ablegen wolle, antwortete dessen Verteidiger, Schneider habe "im Moment nichts anzukündigen". Den im September 2007 im Sauerland festgenommenen Angeklagten wird unter anderem die Vorbereitung von Autobomben-Anschlägen in Deutschland vorgeworfen.

© AP/dpa/liv/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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