Sammelabschiebung:Der Würfel als Rechtsprinzip

Flüchtlinge werden zu Objekten; ihre Zukunft wird ausgewürfelt.

Von Heribert Prantl

Natürlich kann nicht jeder Flüchtling in Deutschland bleiben. Natürlich muss es Abschiebungen geben. Aber Abschiebungen müssen Rechtsdurchsetzung sein, nicht Wahlkampfakte. Die Sammelabschiebungen nach Afghanistan (am Montagabend startete offenbar der zweite Sammelflug nach Kabul) sind Wahlkampfakte. Die Innenminister wollen eine harte Hand zeigen. Sie wollen demonstrieren, dass der humane flüchtlingspolitische Kurs des Sommers 2015 endgültig zu Ende ist. Die Flugzeuge nach Kabul sind fliegende Wahlplakate.

Es wird, wie schon beim ersten Flug, wieder so sein, dass unter den Menschen, die da abtransportiert werden, solche sind, die gut integriert waren. Es wird, wie beim ersten Flug, wieder so sein, dass die Auswahl der Abzuschiebenden eine ziemlich zufällige, eine aleatorische, ist. Das Arbeitsprinzip des Rechtsstaats sind aber Paragrafen, nicht Würfel. Die Politik will halt, dass das Abschiebeflugzeug schnell voll wird, so schnell am besten, dass das Bundesverfassungsgericht nicht mehr, wie beim ersten Abschiebeflug nach Kabul, individuell eingreifen kann. Die Art und Weise, wie die Insassen des Abschiebeflugs rekrutiert werden, gleicht einer Häscherei. Und die Behauptung, Afghanistan sei ein sicheres Herkunftsland, ist Heuchelei.

Die neue Sammelabschiebung per Flugzeug nach Kabul macht Flüchtlinge zu Objekten des Wahlkampfs.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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