Russland:36 Tote bei Anschlag auf Zug

Lesezeit: 3 min

Bei der Explosion einer Bombe in einem vollbesetzten Pendlerzug wurden mehr als 150 Menschen wurden verletzt. Russlands Innenminister Boris Grislow erklärte, "diese wilden Tiere" würden nirgendwo ihre Ruhe finden. Der tschetschenische Rebellenführer Aslan Maschadow hat unterdessen jegliche Verantwortung für den Anschlag zurückgewiesen.

Zwei Tage vor der Parlamentswahl in Russland sind bei einem Selbstmordanschlag auf einen Pendlerzug im Süden des Landes mindestens 36 Menschen getötet worden.

Mehr als 150 weitere Menschen seien verletzt worden, als in der Region Stawropol an der Grenze zu Tschetschenien am Freitagmorgen in einem Waggon ein Sprengsatz explodiert sei, teilte ein Sprecher des russischen Katastrophenschutzministeriums mit.

Die Rettungsarbeiten wurden durch einen Brand behindert. Unter den Passagieren waren zahlreiche Schüler und Studenten, wie die Behörden vor Ort mitteilten.

Nach der Bergung der Verletzten kletterten Sprengstoffexperten in den Waggon, um nach Blindgängern zu suchen, wie das staatliche russische Fernsehen berichtete. Sie hätten drei kontrollierte Explosionen ausgelöst.

Nach Angaben des Chefs der Geheimdienstes FSB, Nikolai Patruschow, wurde der Anschlag von vier Attentätern verübt, drei Frauen und einem Mann. Zwei der Frauen seien vor der Explosion aus dem Zug gesprungen. Eine weitere sei verletzt worden und werde vermutlich nicht überleben.

Der tot aufgefundene Mann sei der eigentliche Attentäter gewesen; er habe zwei Granaten an seinen Beinen befestigt gehabt. Neben der Leiche des mutmaßlichen Attentäters fanden russische Geheimdienstermittler laut der Nachrichtenagentur ITAR-TASS mehrere Handgranaten, die nicht explodierten und von Experten entschärft worden seien.

In der Nähe des Explosionsortes wurden die Fetzen einer Tasche entdeckt, in der sich vermutlich die Bombe befunden habe. Für den Sprengsatz wurde nach Angaben der Nachrichtenagentur ITAR-TASS Plastiksprengstoff verwendet. Er entsprach einer Menge von sechs bis zehn Kilo TNT.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Ria Nowosti unter Berufung auf einen FSB-Mitarbeiter gemeldet, dem Sprengsatz seien Nägel beigemischt worden, um die Zerstörungskraft zu erhöhen. Das Attentat ereignete sich kurz auf der Strecke nach Mineralnije Wodi vor der Stadt Essentuki.

Nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums starben 31 Menschen am Ort der Explosion, fünf weitere erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen. 103 Verletzte würden weiterhin im Krankenhaus behandelt, 22 von ihnen seien schwer verletzt.

"Diese Verbrecher werden keinen Erfolg haben"

Präsident Wladimir Putin verurteilte die Tat als Versuch, das Land vor der Wahl aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Diese Verbrecher werden keinen Erfolg haben", sagte er bei einem Treffen mit Patruschow laut ITAR-TASS. Allerdings sei der weltweite Terrorismus auch für Russland "eine ernsthafte Bedrohung".

Der russische Innenminister Boris Grislow kündigte eine scharfe Verfolgung der Hintermänner an: "Diese wilden Tiere werden nirgendwo ihre Ruhe finden."

Die Behörden würden sie aufspüren und bestrafen, zitierte die Agentur den Minister. "Die Erde wird unter ihren Füßen wird brennen."

Der tschetschenische Rebellenführer Aslan Maschadow wies in einer Presseerklärung jegliche Verantwortung für den Anschlag zurück. "Wir verurteilen jegliche Gewalt, die sich direkt oder indirekt gegen die Zivilbevölkerung richtet", teilte der im Untergrund lebende Präsident der abtrünnigen Kaukasusrepublik mit. Eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft in Moskau hatte zuvor mitgeteilt, es werde in alle Richtungen ermittelt.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sprach seinem russischen Kollegen Iwanow sein Beileid aus. In einem Schreiben an Iwanow betonte Fischer, er habe die Nachricht von dem Bombenanschlag "mit großer Betroffenheit" erhalten. "Dieser verabscheuungswürdige Terrorakt, der so viele Todesopfer und Verletzte gefordert hat, erfüllt uns mit tiefer Bestürzung und Empörung."

Der Anschlag ereignete sich mitten im Berufsverkehr gegen 08.00 Uhr Ortszeit (06.00 Uhr MEZ) auf der Strecke zwischen Mineralnje Wodi und der südrussischen Stadt Jessentuki, wie Litjuk sagte.

Die russische Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren wegen "Terrorismus" und "fahrlässiger Tötung" ein, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Vor zwei Monaten waren auf der gleichen Pendlerstrecke zwei Anschläge verübt worden, bei denen vier Menschen getötet und 32 weitere verletzt wurden. Der Unglücksort liegt in der Nähe der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien, wo Rebellen seit vier Jahren gegen die russische Armee kämpfen.

Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow rief die Einwohner der Stadt zu erhöhter Wachsamkeit auf. Jedes "ungewöhnliche" Vorkommnis solle der Polizei gemeldet werden, zitierte ihn Ria Nowosti. Bei der Parlamentswahl am Sonntag sind rund 110 Millionen Russen aufgerufen, die 450 Abgeordneten der Duma zu wählen. Rund 1200 ausländische Wahlbeobachter werden den Ablauf der Wahl verfolgen.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: