Rüttgers unter Beschuss:Mettbrötchen statt Millionen

Lesezeit: 2 min

Polierte NRW-Ministerpräsident Rüttgers auf Kosten des Steuerzahlers sein Image auf? Bisher bestritt er, eine millionenschwere PR-Kampagne zu führen. Doch es gibt neue Indizien.

D. Graalmann und J. Nitschmann

Es gibt kaum einen Ministerpräsidenten in der Republik, der ein derart markantes Image besitzt wie der nordrhein-westfälische Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU). Der Begriff des "Arbeiterführers", der nach hemdsärmeligem Kampf klingt, ist überraschend eng verbunden mit dem bedächtigen, oft eher spröden Rheinländer.

Unter Beschuss: NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers (Foto: Foto: dpa)

Der 58-jährige Rüttgers spielt zudem seit langem auf der Klaviatur des landesväterlichen Versöhners - ein Moderator, ein Bewahrer der Sozialen Marktwirtschaft. Der Opposition ist inhaltlich wenig eingefallen gegen das Bildnis, das die Rüttgers-Strategen für ihren Ministerpräsidenten seit der Amtsübernahme 2005 sorgsam aufgebaut haben.

Die Opposition wettert

Inzwischen konzentriert sich die Kritik vornehmlich auf die Finanzierung der millionenschweren PR-Aktionen. Die Opposition wettert, dass sich der Ministerpräsident "sehr komfortabel mit dem Geld des Steuerzahlers in Szene setzen lässt", wie die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann am Donnerstag im Hauptausschuss des Düsseldorfer Landtages monierte.

Die Staatskanzlei, so der Vorwurf, finanziere eine reine "Image-Kampagne" für den CDU-Landeschef, der daraus "parteipolitischen Profit" ziehe. Die Entgegnung der Landesregierung in der lebhaften Debatte des Hauptausschusses war vorhersehbar: "Es hat nie eine auf den Ministerpräsidenten abgestellte Image-Kampagne gegeben", sagte der Rüttgers-Vertraute und NRW-Europaminister Andreas Krautscheid (CDU).

Image-Kampagne zur Jahreswende

Rüttgers selbst aber hatte offenbar mit dem Begriff Image-Kampagne weniger Probleme. In einem handschriftlichen Vermerk des Ministerpräsidenten, der sueddeutsche.de vorliegt, wird von ihm explizit eine "Image-Kampagne" als Bestandteil der Regierungsplanung aufgelistet.

Laut dieser Rüttgers-Notiz, die kein eigenes Datum trägt, aber vom Ministerpräsidenten offenbar wenige Wochen nach der Regierungsübernahme im Juni 2005 gefertigt wurde, sollte die "Image-Kampagne" zur Jahreswende 2005/06 beginnen.

Zudem plante Rüttgers nach der von ihm so benannten "Reform-Zeit" im November/Dezember 2005 mit zahlreichen umstrittenen Gesetzesänderungen mehrere PR-Maßnahmen. So sollten eine "Landesgeburtstags-Kampagne" sowie im Januar eine "Vorbilder-Kampagne" für Glanz sorgen. Am Donnerstag räumte Krautscheid freimütig ein, dass es "Aktivitäten gibt, teils mit, teils ohne Ministerpräsident, um das Land nach außen darzustellen."

"Weder Planungen noch Beauftragungen vorgenommen"

Rüttgers dagegen hatte wiederholt bestritten, dass seine Regierung aus Steuermitteln eine so genannte "Standort-Kampagnen" für eine verbesserte Außendarstellung Nordrhein-Westfalens führe. Bereits am 27. Januar 2006 hatte Rüttgers auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen erklärt, er habe den Staatskanzlei-Beamten mitgeteilt, dass er "den Vorschlägen zu einer Standort-Kampagne für das Land Nordrhein-Westfalen nicht zustimme, vor allem aus Gründen ihrer Finanzierung mit Steuergeldern".

Zudem, teilte der CDU-Regierungschef am 26. März 2007 in seiner Antwort auf eine "Kleine Anfrage" mit, habe die Staatskanzlei "weder Planungen noch Beauftragungen für eine 'Image-Kampagne des Ministerpräsidenten' vorgenommen".

Über die widersprüchlichen Aussagen zur Planung einer millionenschweren Image-Kampagne aber hatte es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereits im Januar 2006 eine lautstarke Auseinandersetzung innerhalb der Staatskanzlei gegeben.

Bei einem montäglichen Jour fixe im Büro des Staatskanzlei-Chefs soll der als Spiritus rector der "Image-Kampagne" geltende Abteilungsleiter für Regierungsplanung, Boris Berger, die Contenance verloren und gerufen haben: "Nicht ich lüge, der Ministerpräsident lügt."

Die Landesregierung kontert

Der heutige Chef der Staatskanzlei, Karsten Beneke, erklärte in der Hauptausschusssitzung, von ihm befragte Teilnehmer dieser Sitzung hätten erklärt, dass diese Äußerung "so nicht gefallen" sei. Nähere Auskünfte machte Beneke, der nach SZ-Informationen selbst zu den acht Teilnehmern der Sitzung gehörte, nicht. Der Rüttgers-Vertraute Berger selbst hatte gegen die SZ-Veröffentlichung keine presserechtlichen Schritte unternommen.

Die Angriffe der SPD-Opposition gegen die vorgeblich überhöhten Kosten für die Außendarstellung des Ministerpräsidenten wurden am Donnerstag dagegen von der Landesregierung gekontert. Die SPD hatte moniert, dass die Landesregierung in der bislang vierjährigen Amtszeit von Rüttgers "einen zweistelligen Millionenbetrag" ausgegeben habe, um das "Image des Ministerpräsidenten aufzupolieren", wie der SPD-Abgeordnete Markus Töns sagte.

Die Kritik der SPD etwa an den erheblich gestiegenen Kosten für die Verleihung des nordrhein-westfälischen Staatspreises konterte Rüttgers-Intimus Krautscheid spöttisch: "Wir können den Staatspreis natürlich auch bei Mettbrötchen und Zwiebelringen verleihen. Aber wir halten das nicht für angemessen."

© sueddeutsche.de/dmo/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: