Rücktrittsforderung:"Herr Schönbohm, Sie sind eine Schande für Brandenburg"

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Erst die umstrittenen Äußerungen des brandenburgischen Innenministers zum Überfall auf einen dunkelhäutigen Deutschen in Potsdam, dann eine heftig kritisierte Rede vor ehemaligen Häftlingen im KZ-Sachsenhausen - nach Ansicht der Grünen ist es Zeit, dass Jörg Schönbohm geht. Und auch in der Koalition in Potsdam kriselt es.

Mit Blick auf die jüngsten Äußerungen Schönbohms zum Überfall auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam sowie seine Rede vor ehemaligen Häftlingen im KZ-Sachsenhausen hat die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth in der Netzeitung gesagt: "Es reicht Herr Schönbohm, Sie sind ein Schaden für Brandenburg."

In der Kritik: Jörg Schönbohm. (Foto: Foto: dpa)

Roth warf Schönbohm vor, sich "anscheinend mehr Gedanken um das Image seines Bundeslandes vor der Fußballweltmeisterschaft als um die Sicherheit schwarzer Deutscher" zu machen.

Es sei zudem eine Schande, dass Schönbohm den Generalbundesanwalt Kay Nehm kritisiere und dass er ehemalige KZ-Häftlinge mit einer "unerträglichen Gleichstellung von Tätern und Opfern provoziert".

Kritik vom Koalitionspartner

In Potsdam haben Schönbohms Äußerungen eine kleine Koalitionskrise ausgelöst. Vertreter der Landtagsfraktionen von SPD und CDU warfen sich gegenseitig vor, dem Land massiv geschadet zu haben.

Drei SPD-Abgeordnete forderten Schönbohms Rücktritt. Der Streit zwischen dem Innenminister und dem Generalbundesanwalt sei äußerst schädlich für Brandenburg, kritisierte SPD-Fraktionschef Günter Baaske. Mit seinen Worten in Sachsenhausen habe Schönbohm außerdem die KZ-Opfer brüskiert.

CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sprach von "ungerechtfertigter Diffamierung" Schönbohms. Auch Brandenburgs CDU-Generalsekretär Sven Petke stellte sich hingegen hinter Schönbohm und verstärkte die Angriffe auf den Generalbundesanwalt.

Er warf Nehm vor, durch die Übernahme der Ermittlungen zum Potsdamer Angriff dem Land geschadet und die Ermittlungen nicht vorangebracht zu haben. "Die Einmischung des Generalbundesanwalts hat die Ermittlungen in keinster Weise beschleunigt", sagte Petke der Netzeitung.

"Wir sehen mit großer Sorge, dass das Land Brandenburg und Potsdam durch diese Debatte in einem falschen Licht dargestellt werden und Land und Menschen Schaden nehmen", sagte der CDU-Politiker.

Innerhalb der brandenburgischen CDU wird ein rechtsradikaler Hintergrund der Tat in Zweifel gezogen, obwohl die Täter ihr Opfer rassistisch beschimpft haben. Petke sagte, zwar sei ein fremdenfeindlicher Hintergrund zunächst nicht von der Hand zu weisen.

"Wenn man den ganzen Sachverhalt betrachtet, ergibt sich aber ein differenziertes Bild." Auch Schönbohm habe "lediglich darauf hingewiesen, dass man den Fall erst beurteilen kann, wenn man die Fakten kennt".

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende in Brandenburg, Wilfried Schrey, erklärte, auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) habe im vergangenen Jahr an das Leiden in den sowjetischen Lagern erinnert.

Schrey sprach von einem "Signal", "unschuldige Opfer totalitärer Herrschaften nicht gegeneinander auszuspielen oder politisch motiviert in Kategorien unterschiedlicher Güte einzuteilen". Er kritisierte damit insbesondere die Brandenburger SPD und deren Fraktionschef im Landtag, Günter Baaske, die scharfe Kritik an Schönbohm geübt hatte.

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