Roman Herzog wird 75:Unverkrampft an der Spitze des Staates

Lesezeit: 1 min

Mit seiner "Ruckrede" vor 12 Jahren hat er sich verewigt: Roman Herzog, der frühere Bundespräsident und Ex-Verfassungsrichter, wird 75 Jahre alt.

Helmut Kerscher

Kurz vor Roman Herzogs 75. Geburtstag an diesem Sonntag feierte Jutta Limbach, seine Vorgängerin an der Spitze des Bundesverfassungsgerichts, den gleichen Geburtstag.

Vom früheren Bundespräsidenten Roman Herzog bleibt vor allem die berühmte "Ruckrede" in Erinnerung. (Foto: Foto: ddp)

Wenige Wochen vorher mussten beide erfahren, dass ihr einziger noch lebender Vorgänger, Ernst Benda, im Alter von 84 Jahren gestorben war. An der staatlichen Trauerfeier nahm Roman Herzog teil, an der gerichtsinternen Gedenkstunde am Freitag Jutta Limbach. Herzog war unerwartet das geworden, was sowohl Benda als auch Limbach knapp verwehrt blieb: erst Gerichtspräsident, dann Bundespräsident.

Für dieses Amt wurde der evangelische Niederbayer mit CDU-Parteibuch nach dem unfreiwilligen Rückzug des sächsischen Justizministers Steffen Heitmann von der CDU/CSU nominiert; am 23. Mai 1994 wurde er zum siebten Bundespräsidenten gewählt. Insbesondere die unterlegene SPD und ihr damaliger Vorsitzender Rudolf Scharping versuchten, Herzogs erste Worte zu skandalisieren, in denen er auch davon gesprochen hatte, er wolle Deutschland "unverkrampft" repräsentieren.

Sehr bald verflüchtigten sich alle Bedenken, dass der neue Bundespräsident damit einen lockeren Umgang mit der NS-Vergangenheit gemeint haben könnte. Im Gegenteil: Seine "Bitte um Vergebung" zum 50. Jahrestag des Warschauer Aufstandes fand weltweit ein positives Echo; im Vernichtungslager Auschwitz beeindruckte Herzog durch Schweigen und setzte einen alljährlichen Holocaust-Gedenktag, den 27. Januar, durch.

Anders als das fast schon vergessene "unverkrampft" prägt bis heute der "Ruck" die fünfjährige Amtszeit. Keine Würdigung Herzogs, keine Würdigung einer "Berliner Rede" seiner Nachfolger kann auf die fast schon legendäre "Ruckrede" vom April 1997 verzichten. Dieser Aufruf zur umfassenden Reform, zu einem Ruck durch Deutschland, war Teil seiner beständigen Forderung nach einer Erneuerung des Landes. Herzog selbst versuchte in zahlreichen Ämtern und auch als Ruheständler zur Erneuerung beizutragen.

So ist der Name Herzog mit einer Kommission zur Gesundheitsreform verbunden und mit dem ambitionierten Entwurf einer Grundrechte-Charta für die EU, die im Lissabon-Vertrag für rechtsverbindlich erklärt wurde. Über diesen Vertrag beraten derzeit Herzogs Nachfolger im Bundesverfassungsgericht. Er schrieb ihnen im September vergangenen Jahres mit dem Co-Autor Lüder Gerken, was er sich wünscht: Vor allem, dass der Zweite Senat den Luxemburger EU-Gerichtshof "in seine Schranken weisen" solle.

Dieser direkte, für einen früheren Bundespräsidenten eher undiplomatische Ton steht für den zornigen Roman Herzog (der lange Jahre behauptete, er rege sich nur auf, wenn er das wolle). Auch im Ausland genießt der umfassend gebildete Staatsmann Herzog, dem besonders die osteuropäischen Länder am Herzen lagen, hohes Ansehen.

© SZ vom 04.04.2009/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bundespräsident
:Roman Herzog - Richter und Ruck-Präsident

Er war ein "deutscher Patriot mit bayerischem Herzen", seine "Ruck-Rede" machte ihn berühmt. Die Karriere des Bundespräsidenten in Bildern.

Jetzt entdecken

Gutscheine: