Rom:Italien schafft Wehrpflicht ab

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Auf denkbar unspektakuläre Weise hat sich Italien von der Wehrpflicht verabschiedet: Ohne Streit beschloss das Parlament die Einführung eines Freiwilligenheeres zum 1. Januar 2005.

Die Abgeordneten der Regierungsparteien und der Opposition erhoben sich nach dem fast einstimmigen Votum von ihren Sitzen und trugen mit lang anhaltendem Applaus die Wehrpflicht zu Grabe, die sich in Italien nicht gerade größter Beliebtheit erfreute.

Die Wehrpflicht wurde 1861, als die italienische Einigung noch in vollem Gang war, eingeführt worden. Millionen Männer mussten seitdem einrücken, Hunderttausende ließen in den beiden Weltkriegen ihr Leben. Die letzten, die zum Dienst mit der Waffe gezogen werden, sind all jene, die vor dem 31. Dezember 1985 geboren wurden.

"So ein Pech, wegen ein paar Monaten muss ich zum Wehrdienst", beklagen sich jetzt viele, die vor 19 Jahren geboren wurden. Doch auch für sie besteht Hoffnung. Falls es ihnen gelingt, etwa aus Studiengründen oder wegen eines Auslandsaufenthaltes einen Aufschub zu erwirken, kommen sie um den Wehrdienst herum.

Im Oktober 2005 werden in jedem Fall die letzten Wehrpflichtige ihre Spinde räumen - der letzte Einberufung zur Ableistung des zehnmonatigen Dienstes mit der Waffe wird in diesem Dezember sein. Danach sollen ausschließlich Freiwillige die Uniform der Streitkräfte tragen.

Einen Personalengpass befürchtet die italienische Armee nicht: Denn dass die Wehrpflicht abgeschafft werden würde, war schon seit Jahren so gut wie beschlossene Sache. Lediglich der Zeitpunkt war lange Zeit unklar.

Schon in den vergangenen Jahren wurden jede Menge Stellen gestrichen. Von den 360 000 Soldaten, die noch vor zehn Jahren die Kasernen füllten, sollen ab 2005 nur noch 190 000 übrigen bleiben.

Die Wehrpflichtigen will man ohne größere Probleme durch Freiwillige ersetzen, die sich für ein ganzes Jahr verpflichten. Entsprechende Anreize werden geboten: Ein Sold von 1260 Euro, zudem die Aussicht auf eine Karriere im Staatsdienst.

Jeder, der bei der Polizei oder auch bei der Feuerwehr unterkommen will, muss sich als Freiwilliger zum Wehrdienst melden. Das alles gilt gleichermaßen für Männer und Frauen - schon seit 1999 können Frauen freiwillig zum Heer.

Mit der Wehrpflicht wurde auch der Zivildienst abgeschafft, was viele Hilfsorganisationen vor Problemen stellen dürfte. Fraglich ist, ob nach dem Wegfall der Wehrpflichtigen, die aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnten, genügend junge Leute auf freiwilliger Basis deren Aufgaben übernehmen werden.

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