Renate Künast im Interview:"Den Abgeordneten muss erklärt werden, warum der Einsatz nötig ist"

Lesezeit: 2 min

Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, will von einem Kampfauftrag für Tornado-Jets im Rahmen der Operation Enduring Freedom nichts wissen. Ehe sie dem Kabinettsbeschluss zustimme, seien noch viele Einzelheiten zu klären.

Thorsten Denkler, Berlin

sueddeutsche.de: Frau Künast, die Bundesregierung will Tornado-Kampfflugzeuge nach Afghanistan schicken. Ist das ein Kampfeinsatz oder nicht?

Renate Künast (Foto: Foto: dpa)

Renate Künast: Ich nehme immerhin zur Kenntnis, dass jetzt scheinbar die Kriterien sich klären und es scheinbar nicht darum geht einen close air support...

sueddeutsche.de: ... bei dem die Daten der Tornado-Aufklärer direkt für die Feindbekämpfung eingesetzt werden...

Künast: ...zu machen. Daran könnte man die Frage nach einem Kampfeinsatz ja auch festmachen. Aber die Kernfrage ist für mich eine andere. Nämlich die: Ist es Teil eines zivilmilitärischen Einsatzes und wird es in ein Gesamtkonzept eingebunden? Oder sollte es zur Unterstützung der Operation Enduring Freedom...

sueddeutsche.de: ...die ein reinen Kampfauftrag hat...

Künast: ...dienen, was ich sehr kritisch sehe.

sueddeutsche.de: In der Beschlussvorlage, wird der Tornado-Einsatz allein auf einen Einsatz im Rahmen des Frieden sichernden Isaf-Mandates beschränkt. Ist das überhaupt möglich?

Künast: Im Wesentlichen ist es, denke ich, schon möglich. Ich kenne den genauen Einsatzauftrag noch nicht. Wir haben auch nicht die konkrete Anfrage der Nato vorliegen. Aber wir sehen, dass hier offensichtlich viel restriktiver vorgegangen wird, als es am Anfang mal diskutiert wurde. Jetzt kommt es da aber auf die Details an. Da wir Unterstützer von Isaf sind, gucken wir genau, was die Bedingungen sind. Jetzt ist die Frage, gibt es eine restriktive Übermittlung von Daten an Enduring Freedom, und was können die mit den Daten machen. Oder gibt es gar keine Übermittlung?

sueddeutsche.de: Lassen sich die beiden Mandate in der Praxis überhaupt trennen?

Künast: Der Tornado-Einsatz soll sich offensichtlich am Isaf-Mandat ausrichten. Zuarbeit zu Enduring Freedom soll es allenfalls geben, soweit das für Isaf möglich ist. Selbst wenn es von einigen Menschen vor Ort nicht mehr trennbar ist, müssen wir trotz alledem darauf achten, dass Isaf das Prä hat. Nur dieses will ich unterstützen.

sueddeutsche.de: Der Einsatz soll 35 Millionen Euro kosten. Ist das Geld nicht besser in Entwicklungshilfe in das Land investiert?

Künast: Ja, das ist eine horrende Summe. Aber die Frage ist doch, ob man zur Unterstützung von Isaf diese Luftaufklärung braucht. Es gibt auch aus Reihen der Bundeswehr Leute, die sagen, ja, die brauchen wir. Und wir waren in der Vergangenheit oftmals nur am Tropf anderer, die nur wenn sie konnten und wollten Daten zur Verfügung stellten. Dann bewegt uns natürlich noch, welchen Plan die Bundesregierung verfolgt und in welchem Strategischen Kontext das ganze steht.

Wie viel Geld etwa soll künftig in Afghanistan investiert werden? Da nennen die Europäische Union aber auch Deutschland in der Vergangenheit immer nur alte Summen. Und wie viel Personal wird eingebracht, um zivile Strukturen aufzubauen? Wir wissen, dass dort etwa 40 Ausbilder für die Polizei viel zu wenig sind. Die sind aber nötig, um etwa auch Schulen zu schützen, die auch angegriffen werden.

sueddeutsche.de: Verteidigungsminister Jung will den Einsatz räumlich nicht beschränken. Das ganze Land soll überfolgen werden können. Ist das notwendig?

Künast: Den Abgeordneten im Parlament muss jetzt erklärt werden, warum und in welchem Umfang der Tornado-Einsatz und die Luftaufklärung nötig ist. Was soll im Süden erfahren werden und was im Norden?

sueddeutsche.de: Sie halten sich eine Zustimmung also noch offen?

Künast: Wir sind noch in der Phase der Klärung. Jetzt wird es darum gehen, dass uns der Kabinettsbeschluss im Detail erläutert wird.

sueddeutsche.de: In Afghanistan sind auch deutsche Soldaten umgekommen. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, ein Ehrenmal für die gefallenen Soldaten zu errichten?

Künast: Es ist guter demokratischer Brauch, für diese Menschen, die eine besondere Verantwortung und Aufgabe übernommen haben, einen Ort oder ein Ritual zu finden haben, um ihnen zu gedenken. Da kann man eigentlich gar nichts gegen haben. Jetzt kommt es auf die genaue Ausgestaltung an.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: