Reichtum:Wenige alles?

Eigentum erpflichtet: Der Satz verdient mehr Achtung.

Von Heribert Prantl

Die Marktwirtschaft produziert auch soziale Ungleichheiten, weil der Erfolgreiche ja etwas von seinem Erfolg haben will und haben soll. Das liegt in der Natur der Sache, das ist so in Ordnung. Nicht in Ordnung ist es aber, wenn sich die Vermögen immer mehr zusammenballen, wenn wenige fast alles und sehr viele fast nichts haben, wenn die obersten 10 Prozent der Haushalte fast 52 Prozent des Nettovermögens halten. So ist es in Deutschland - und das ist nicht gut. Die Ungleichheit, so hat es der Rechtsgelehrte Ernst-Wolfgang Böckenförde einmal formuliert, darf ein gewisses Maß nicht überschreiten, sonst geht sie über in Unfreiheit.

Dieses Maß ist erreicht. Deutschland hat im internationalen Vergleich sehr niedrige Besteuerungsquoten in Bezug auf Vermögensbestände. Seit 1997 wird keine Vermögensteuer mehr erhoben; die Forderung nach Wiedereinführung wird mit dem Hinweis gekontert, dass das Verfassungsgericht sie 1995 verboten habe. Das ist falsch. Karlsruhe hat erklärt, dass die Steuer nicht als Substanz-, sondern nur als Sollertragssteuer ausgestaltet werden dürfe. Und auch dieses Urteil muss nicht ewig halten. Die Vermögen werden schließlich durch Staat und Rechtsordnung gesichert; das kann die besondere steuerliche Leistungsfähigkeit für große Vermögen begründen.

"Eigentum verpflichtet": Es ist Aufgabe des Gemeinwesens, diesem Verfassungssatz zu guter Geltung zu verhelfen.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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