Regionalflughäfen:Im Abseits gelandet

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Länder und Kommunen haben große Hoffnungen in sie gesetzt, meist vergebens: Warum immer weniger Leute von kleinen Flughäfen aus starten.

Von Jens Flottau

Am 15. April 2016 war Schluss. An diesem Tag landete zum letzten Mal ein Airbus der Wizz Air am Flughafen Lübeck. Wenn es nur eine von vielen Verbindungen gewesen wäre, zwischen denen die Passagiere in der Region wählen konnten, dann wäre das Datum nicht weiter bemerkenswert. Doch der Rückzug der ungarischen Billigfluggesellschaft markierte den letzten Linienflug für den Regionalflughafen, der ohnehin schon im Insolvenzverfahren steckte.

Das Beispiel Lübeck mag extrem sein, aber die Branche der Regionalflughäfen insgesamt befindet sich in einer tiefen Krise. In vielen Bundesländern haben Kommunen und Regierungen viel Geld in die Hand genommen, um wie in Kassel-Kalden, Memmingen, Lübeck oder Zweibrücken Flughäfen zu fördern, in der Hoffnung, damit würde die lokale Wirtschaft angekurbelt und es würden viele neue Arbeitsplätze entstehen. Doch die Erwartungen von einst haben sich fast nirgendwo erfüllt. Und die Trends im Luftverkehr sprechen dafür, dass es nicht besser wird.

Das Geschäft mit den Fliegern findet mittlerweile woanders statt, zum Beispiel in Berlin-Schönefeld

Dass die Politik die Regionalflughäfen für zukunftsfähig gehalten hat, lag in erster Linie an Ryanair und dem Flughafen Hahn. Die irische Billigfluggesellschaft, Europas Marktführer, setzte einst klar auf Ziele in der Provinz, wo die Landegebühren und sonstige Kosten gering sind, wo Kommunen und Landkreise gerne Marketingzuschüsse zahlten. Übersehen haben die meisten dabei, dass Hahn auch in den Boomzeiten von Ryanair niemals Geld verdient hat und die Prognosen für Gewinne sehr nach Wunschdenken aussahen. Doch dem hielten Politiker ein Argument entgegen: Auch wenn die Flughafengesellschaft selbst rote Zahlen schreibe, so lohne sich die Investition dennoch, weil die Wirtschaft in der Region insgesamt profitiere.

Experten der Deutschen Bank dagegen schrieben vergangenes Jahr in einer Studie: "Der verkehrs- und volkswirtschaftliche Nutzen von Regionalflughäfen ist gering." Es gebe bereits viele große Verkehrsflughäfen, die für die meisten Bürger in annehmbarer Zeit erreichbar seien; das Angebot auf den kleinen Plätzen beschränke sich auf wenige Strecken zu beliebten Ferienzielen. Es sei zudem "prinzipiell sehr schwer, einen Regionalflughafen wirtschaftlich zu betreiben". Die große Mehrheit der Regionalflughäfen macht Verluste. Das Verkehrsaufkommen ist einfach zu gering, um die hohen Fixkosten reinzuholen. Auch bei den Verkehrszahlen ist das Bild eindeutig. Die Flughäfen Hahn und Karlsruhe haben in den ersten fünf Monaten dieses Jahres leicht wachsen können, aber die in Weeze, Saarbrücken, Paderborn, Münster, Erfurt, Dortmund und Bremen liegen allesamt im Minus.

Doch die wahre Bedrohung lässt sich an den Zahlen anderer Flughäfen ablesen: Berlin-Schönefeld ist bis Mai um satte 41,2 Prozent gewachsen, Köln/Bonn um 21,8 Prozent. Insgesamt floriert also das Geschäft mit den Billigfliegern, es findet nur woanders statt. Die Entwicklung hängt mit den Geschäftsmodellen der Fluggesellschaften zusammen, die sich verändern. Ryanair etwa expandiert inzwischen lieber an großen Flughäfen und hat mittlerweile Basen in Köln/Bonn und in Berlin-Schönefeld. Und der Konkurrent Easyjet ist von jeher eher auf den größeren Airports aktiv gewesen und bietet sogar einige Verbindungen nach München an.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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