Regierungskrise in Israel:Peretz droht Scharon mit Sturz

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Der neue Arbeitspartei-Chef will Verhandlungen mit dem Premierminister über einen Neuwahl-Termin erzwingen.

Thorsten Schmitz

Der neu gewählte Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Amir Peretz, hat am Sonntag Premierminister Ariel Scharon aus Unmut über eine Terminverschiebung mit dem sofortigen Sturz gedroht. Peretz sagte im Armeerundfunk, die Fraktion seiner sozialdemokratischen Partei werde an diesem Mittwoch eine Abstimmung über die Auflösung des Parlaments stützen, sollte Scharon sich nicht zuvor zu einem Treffen bereit erklären. Bei diesem Treffen möchte Peretz mit Scharon einen Termin für vorgezogene Wahlen vereinbaren.

Am Wochenende hatte Scharon eine für Sonntag verabredete Zusammenkunft mit Peretz kurzfristig auf Donnerstag verschoben. Peretz hatte dies als "unverantwortlich" bezeichnet und gedroht, dass es besser sei, die Neuwahlen "auf koordinierte Weise zu organisieren". Peretz will die Arbeitspartei aus der Koalition holen, da diese seiner Ansicht nach sowohl eine ungerechte Palästinenser- als auch Wirtschaftspolitik verfolgt. Scharon wiederum verfügt ohne die Arbeitspartei nicht über die erforderliche Mehrheit in der Knesset. Peretz spricht sich für Neuwahlen bereits im März aus. Minister der Arbeitspartei kritisierten am Sonntag die Art, in der Peretz den Auszug aus der Koalition vorantreibe. Dies könne auch weniger polternd und überstürzt geschehen, hieß es.

Auf einer Kundgebung zum Mord am früheren Premierminister Itzchak Rabin vor zehn Jahren hatte Peretz am Samstagabend den Abzug Israels aus dem seit 1967 besetzten Westjordanland verlangt. Ein Frieden mit den Palästinensern sei eine "Investition in die Zukunft". Er wolle israelische und palästinensische Kinder miteinander spielen sehen. Die Besatzung habe zu einem Werteverlust und zu Gewalt in Israel geführt. Auf der Veranstaltung, an der nach Polizeiangaben 200.000 Israelis teilnahmen, sprach auch der frühere US-Präsident Bill Clinton. Er sagte, seit zehn Jahren vergehe keine Woche, in der er nicht an Rabin denke. Er appellierte an Israels Bürger, Rabins Weg zu einem Frieden fortzusetzen.

Der Sondergesandte des Nahost-Quartetts, James Wolfensohn, hat am Sonntag mit seinem Rücktritt gedroht, falls sich die Aussichten für seine Mission in Nahost in den kommenden drei Tage nicht entschieden besserten. Wolfensohn, der nach dem Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen die Wirtschaft in den Palästinensergebieten ankurbeln soll, warnte davor, dass das Gebiet zu "einem gigantischen Gefängnis" würde. Er wolle US-Außenministerin Condoleezza Rice persönlich über seinen Ärger unterrichten. Rice wurde für Sonntagabend in Jerusalem erwartet. Wolfensohn warf Israel und den Palästinensern gleichermaßen Versäumnisse vor. Israel lasse im Gaza-Streifen produzierte landwirtschaftliche Produkte an der Grenze verfaulen, weil es aus Sicherheitsgründen nur wenige Lkw durchfahren lasse. Der Autonomiebehörde wiederum warf er Untätigkeit bei der Bekämpfung des Terrors vor. In manchen palästinensischen Lkw seien Bomben gefunden worden.

© SZ vom 14.11.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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