Regierung Bush entwirft Resolution:USA vor Strategiewechsel im Irak

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Die Tauben um Außenminister Powell haben sich offenbar durchgesetzt: Washington will auf einen Teil seiner Macht verzichten und Truppen unter UN-Mandat stellen. Als Grund werden die prekäre Sicherheitslage und die wachsenden Kosten des Einsatzes vermutet.

Von Stefan Ulrich

(SZ vom 04.09.2003) - Die US-Regierung hat sich offenbar zu einem Strategiewechsel im Irak durchgerungen. Nach monatelangem Widerstand, vor allem aus dem Pentagon, entschied Präsident George Bush bei einem Treffen mit Außenminister Colin Powell, dem UN-Sicherheitsrat ein neues Angebot zu unterbreiten.

Danach soll die amerikanisch-britische Okkupations-Streitmacht in eine multinationale Truppe unter UN-Mandat umgewandelt werden. Zugleich werde die Völkerorganisation eine führende Rolle beim Aufbau des Landes bekommen, heißt es in amerikanischen Medienberichten. Im Gegenzug fordert Amerika, dass es auch bei der neuen Truppe den Oberbefehl behält.

Powell wurde von Bush beauftragt, eine entsprechende UN-Resolution mit den Staaten im Sicherheitsrat auszuhandeln. Die Bush-Regierung hat dafür einen Entwurf erarbeitet, der noch diese Woche in den Rat eingeführt werden soll. Wie in Washington bekannt wurde, konzentriert sich das Papier auf drei Punkte: Die USA und die UN werden gemeinsam beauftragt, den Irak in die Demokratie zu führen. Den UN könnte dabei eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung einer Verfassung und der Organisation von Wahlen zukommen.

Die Staatenwelt soll in der Resolution aufgefordert werden, Soldaten unter UN-Mandat und US-Oberbefehl in den Irak zu schicken. Und schließlich sollen die Staaten ermuntert werden, mehr Geld und Experten für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Wie aus amerikanischen Regierungskreisen verlautete, telefonierte Powell mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Jack Straw, um für Unterstützung zu werben. Außerdem sprach er mit UN-Generalsekretär Kofi Annan.

Rumsfeld gegen wichtigere Rolle der UN

Teile der Regierung wie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatten sich einer führenden Rolle der UN widersetzt. Sie scheinen nun ins Hintertreffen zu geraten. Grund dafür sind die enormen Schwierigkeiten und Kosten der Irak-Mission. Nahezu täglich kommt es zu Anschlägen, bei denen seit Kriegsende fast 70 US-Soldaten starben. Dies bringt die Regierung Bush gut ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl auch innenpolitisch unter Druck.

Demokraten im Kongress, aber auch Militärs fordern, Washington müsse auf die UN zugehen, um durch frische Truppen und Geld anderer Staaten entlastet zu werden. Der Washington Post sagte ein Pentagon-Beamter, der US-Oberbefehlshaber im Irak, John Abizaid, und Generalstabschef Richard Myers seien darum bemüht, den Konflikt zu internationalisieren und ein UN-Mandat zu erlangen. Die Militärs befürchten, dass zu viele US-Kräfte im Irak gebunden werden, die dann bei anderen Konflikten, etwa um Nordkorea, fehlen könnten.

Hierzu passt ein neuer Bericht der Kongress-Haushaltsbehörde CBO. Danach lässt sich die Stärke der US-Truppen in der Golfregion von 180.000 Mann unter den jetzigen Bedingungen nur bis März aufrecht erhalten. Danach müssten entweder die gesamten US-Streitkräfte aufgestockt, Truppen aus sonstigen Regionen abgezogen oder mehr Soldaten aus anderen Staaten im Irak eingesetzt werden. Länder wie Indien, Pakistan, die Türkei, Russland und Frankreich haben sich aber nur bei Vorliegen eines UN-Mandats zur Waffenhilfe bereit erklärt.

Ob die USA ein solches Mandat erhalten, wird davon abhängen, wie viel Macht sie abtreten wollen. Hierüber dürfte hartnäckig gefeilscht werden. Zudem stellt sich die Frage, ob sich die UN derzeit überhaupt stärker im Irak engagieren können - hat doch UN-Sprecher Fred Eckhard gerade erst bekannt gegeben, die Organisation werde wegen der prekären Sicherheitslage einen Großteil ihres Personals vorübergehend aus dem Irak abziehen.

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