Rechtsextremismus:Razzia gegen rechte Jugendorganisation

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Mit Zeltlagern soll ein Jugendverein versucht haben, Nachwuchs für die rechtsextreme Szene zu rekrutieren. Jetzt wird geprüft, ob der Verein gegen die Verfassung verstößt.

In mehreren Bundesländern hat die Polizei Objekte der rechtsextremen Jugendorganisation "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) durchsucht. Es bestünden "tatsächliche Anhaltspunkte, dass sich die HDJ gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet", begründete das Bundesinnenministerium die Aktion.

Anhänger der rechtsextremen NPD bei einer Demonstration. (Foto: Foto: dpa)

Nach Darstellung der Berliner Morgenpost wurden mehr als 80 Wohnungen und Büroräume durchsucht. Die Berliner Polizei teilte mit, in der Hauptstadt seien 15 Objekte überprüft worden, in Brandenburg 14 und in Mecklenburg-Vorpommern 17. Das Bundeskriminalamt koordiniert die bundesweite Aktion wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz.

Innenstaatssekretär August Hanning erklärte, die "entschlossene Bekämpfung des Rechtsextremismus" sei "Zeichen unserer wehrhaften Demokratie und wesentlich für den Erhalt unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung". Die Durchsuchungen sollten aufklären, "ob sich die HDJ in aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft".

Die Heimattreue Deutsche Jugend sei "evident verfassungsfeindlich", sagte der Vorsitzendes des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD) der Neuen Osnabrücker Zeitung. Ein Verbot der HDJ dürfe aber nicht das letzte Wort des Rechtsstaats sein.

Buntenbach: Verbot "dringend nötig"

Es gebe zudem weitere rechtsextreme Vereinigungen, bei denen ein Verbot ernsthaft geprüft werden müsse. "Dringend auf die Tagesordnung gehört zudem die Frage, wie viele Organisationen der rechten Szene als gemeinnützig gelten und damit ungewollt vom Steuerzahler unterstützt werden."

Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, ein Verbot der HDJ sei "dringend nötig". Schon seit längerem lägen fundierte Recherchen über die untragbaren Aktivitäten des Vereins vor. Das Innenministerium reagiere jetzt auf die öffentliche Diskussion, das Engagement vor Ort und die bevorstehende Diskussion im Innenausschuss."

Allerdings wäre ein Verbot schon längst möglich gewesen, fügte Buntenbach hinzu. Jahrelang seien die "neonazistischen Aktivitäten" der seit 1990 bestehenden HDJ von der Regierung und den Ermittlungsbehörden gänzlich ignoriert worden.

Die HDJ hatte im August durch ein Zeltlager in Mecklenburg-Vorpommern Schlagzeilen gemacht, in dem Kindern Nazi-Gedankengut nahegebracht wurde. Im Berliner Verfassungsschutzbericht 2006 wird die HDJ als "neonazistischer Jugendverband" bezeichnet.

Kontakte bestünden laut Bundesinnenministerium unter anderem zu NPD-Protagonisten und zu führenden Angehörigen der neonazistischen Kameradschaftsszene. Die Organisation befinde sich in geistiger Nähe zum Nationalsozialismus, die NS-Diktatur werde verherrlicht. In ihren Publikationen zeige sich eine antisemitische sowie rassistische Grundhaltung. Der Verein betreibe "unter der Vorspiegelung einer jugendpflegerischen Tätigkeit" eine "gezielte Ideologisierung ihrer Mitglieder", erklärte das Ministerium.

Ihre wahre Ideologie versuche die Organisation laut Verfassungsschutzbericht hinter einer Selbstcharakterisierung als traditionsbewusst und wertorientiert zu verbergen. Ähnlich wie bei der seit 1994 verbotenen "Wiking Jugend" ziele das Konzept der HDJ darauf ab, ein rechtsextremistisches lebensweltliches Freizeitangebot für die ganze Familie zu bieten. Kinder und Jugendliche sollten durch scheinbar unpolitische Aktivitäten wie Zeltlager für die rechtsextremistische Szene gewonnen werden.

© dpa/AFP/AP/cgu/gal/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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