Rechtsextremismus:Die NPD hat Brandenburg im Visier

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Nach ihrer Spaltung vor drei Jahren haben sich die Rechtsextremen reorganisiert - und sind überall präsent.

Philip Grassmann

Die rechtsextreme NPD will sich nach ihren Erfolgen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern in Ostdeutschland weiter ausbreiten und sich auch in Brandenburg fest etablieren.

Einwicklungstaktik: Die NPD gibt sich vor potentiellen Wählern gerne den Anschein einer ganz normalen Partei. (Foto: Foto: AP)

Nach Beobachtung von Verfassungsschützern verstärkt die Partei kontinuierlich ihre Aktivitäten und festigt ihre Strukturen. Ziel der NPD sei, so befürchten Verfassungsschützer, bei den Kommunalwahlen im Herbst 2008 möglichst in alle Kreistage einzuziehen.

Vor drei Jahren hatte sich der Brandenburger Landesverband gespalten, die Partei hatte nur noch 130 Mitglieder und war kaum noch wahrnehmbar. Mittlerweile hat sich die Mitgliederzahl fast verdoppelt, sie liegt bei 250.

Das ist der höchste Stand, seit die Partei Mitte der neunziger Jahre in Erscheinung trat. Der Brandenburger Verfassungsschutz ist alarmiert. "Das ist eine andere Qualität", sagte die Präsidentin der Potsdamer Behörde, Winfriede Schreiber, der Süddeutschen Zeitung. In Sicherheitskreisen heißt es, die NPD wolle die Lücke zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen schließen. In beiden Ländern ist die Partei nach Erfolgen auf kommunaler Ebene in die Landtage eingezogen.

Scheinbar ganz normal

Auch die Bundesregierung ist besorgt über die zunehmende Präsenz rechtsextremer Parteien in Ostdeutschland.

In seinem Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit warnte der Bundesbeauftragte für die neuen Länder, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), die Entwicklung dürfe nicht verharmlost werden. "Wir müssen uns mit der Strategie zum Beispiel der NPD auseinandersetzen, die sich auf bestimmte Räume konzentriert und dort Fuß fasst."

In Brandenburg versucht die NPD offensichtlich, ihr Konzept aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zu kopieren.

"Es gibt eine Änderung der Strategie. Die NPD geht gezielt an die Öffentlichkeit. Sie versucht, überall ins Rampenlicht zu kommen und Themen zu besetzen", sagte Verfassungsschützerin Schreiber.

"Die NPD versucht sich den Anschein einer demokratischen Partei zu geben, was sie natürlich nicht ist. Denn die NPD zielt darauf ab, unser demokratisches System zu überwinden." Die Rechtsextremen, so heißt es bei Beobachtern der Szene, kümmerten sich verstärkt um lokale Themen wie Schulschließungen, Kinderbetreuung oder Hartz IV, um sich als normale Partei zu geben.

Die NPD bemühe sich dabei auch darum, parteilose Lokalgrößen als Kandidaten für die Kommunalwahl zu gewinnen. Die Stärke der Partei sei, so sagen Verfassungsschützer, wesentlich größer, als ihre relativ geringe Mitgliederzahl vermuten lasse.

Die NPD-Leute verstünden sich als Aktivisten und seien ständig im Land unterwegs. Die Aktivitäten, so hieß es weiter, würden vor allem von Mecklenburg-Vorpommern aus finanziert.

Die NPD ist fast flächendeckend anzutreffen. Es vergeht kein Parteitag von SPD, CDU oder Linken, den die NPD nicht stört. Kürzlich tauchten NPD-Mitglieder beim "Tag der offenen Tür" der Landesregierung auf.

Die Partei ist mit Infoständen präsent, veranstaltet immer öfter Protestmärsche und tritt am Rande von Kinder- oder Sportveranstaltungen auf. Mehrfach versuchte die NPD, Schulungszentren im Land aufzubauen - bisher erfolglos. Derzeit gibt es fünf Kreis- und zehn Ortsverbände.

Die meisten wurden nach Erkenntnissen aus Sicherheitskreisen in den vergangenen zehn Monaten gegründet oder wiederbelebt.

Das Ziel ist der Landtag

Auch die Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ist nach Jahren der Bedeutungslosigkeit mit 40 Mitgliedern wieder aktiv. Sie gilt als Scharnier zur Neonazi-Szene.

Zwar hat Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in den vergangenen Jahren fünf Kameradschaften verboten. Doch trotz der damit verbundenen Verunsicherung der Szene ist zumindest ein Teil weiter aktiv.

Es gelinge immer öfter, Neonazis in die Aktivitäten der NPD einzubeziehen, heißt es beim Verfassungsschutz. So veranstalte die JN Konzerte mit rechter Musik und versuche, dort Mitglieder zu werben.

In Potsdam ist man überzeugt, dass die Kommunalwahlen nur ein Testlauf für die NPD sein sollen. Das eigentliche Ziel sei die Landtagswahl 2009. Zwar hatte die Partei mit der DVU im Jahr 2004 den sogenannten Deutschland-Pakt geschlossen, in dem sie Brandenburg der DVU überließ, während die NPD in Sachsen und im Norden antrat. Doch die Verfassungsschützer vermuten, dass diese Verabredung bald obsolet sein wird.

Allerdings muss wohl auch noch manch ein Polizist lernen, mit der Situation im Land umzugehen. Die Polizei hatte erst kürzlich in Neuruppin die Gegner eines Neonazi-Aufmarsches mit Pfefferspray auseinandergetrieben.

Der Einsatz, so teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit, sei unverhältnismäßig und der Situation nicht angemessen gewesen.

© SZ vom 20.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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