Reaktionen auf Winnenden:Schärferes Waffenrecht oder Gewaltprävention?

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Während die Polizei nach dem Amoklauf an der Klärung der Hintergründe arbeitet, diskutiert die Politk weiter, ob und wie solche Taten künftig verhindert werden können.

Während die Polizei nach dem Amoklauf von Winnenden mit 16 Toten fieberhaft an der Klärung der Hintergründe arbeitet, diskutiert die Politk weiter, ob und wie Amokläufe künftig verhindert werden können. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) rief die Schützenvereine in Deutschland dazu auf, ihre Mitglieder besser zu kontrollieren. "Es muss klar sein, dass die Aufbewahrungspflichten im Waffengesetz unbedingt eingehalten werden müssen", sagte sie der Rheinischen Post.

Will den Druck auf Schützenvereine erhöhen: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. (Foto: Foto: ddp)

Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium August Hanning ist der Meinung, die Regelungen für Waffen in Privatbesitz müssten verbessert werden. "Die Aufbewahrung von Waffen ist ein kritischer Punkt", sagte Hanning am Freitag bei der Eröffnung der weltgrößten Waffenmesse IWA 2009 in Nürnberg. Um den Zugang zu Waffen zu erschweren, seien Blockiersysteme, wie die Industrie sie mittlerweile entwickelt habe, sehr wichtig. Auch über den Zugang zu Waffenschränken mit biometrischen Systemen müsse man nachdenken.

Zuvor hatten sich bereits Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gegen eine Verschärfung des Waffenrechts ausgesprochen. Von der Leyen sagte der Neuen Presse aus Hannover: "Mit einem Ruf nach schärferen Gesetzen machen wir es uns zu leicht." Viel wichtiger sei es, die Gewaltprävention zu verbessern.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla schloss dagegen eine Verschärfung des Waffenrechts nicht aus. Es sei aber klar, dass ein solcher Schritt allein das Problem nicht lösen werde, sagte er dem Tagesspiegel.

Generalbundesanwältin Monika Harms zeigte sich skeptisch, dass sich Taten wie der Amoklauf von Winnenden verhindern ließen. "Wenn es stimmt, dass viele Amokläufer zuvor höchst unauffällig waren, wird es eine schlüssige Erfolgsformel zur Vermeidung solcher Ereignisse nicht geben können", sagte Harms dem Hamburger Abendblatt. "Ich glaube nicht, dass es Versäumnisse gab."

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) regte eine Debatte über eine mögliche Lockerung des Datenschutzes an, um den Austausch etwa zwischen Jugendämtern, Schulen und der Polizei verbessern zu können. Wenn sich dadurch Gewalttaten frühzeitig verhindern ließen, müsse der Datenschutz dahinter zurückstehen, sagte Müller am Donnerstagabend im saarländischen Püttlingen.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz warnte vor einer hysterischen Debatte. "Wenn ich höre, wie sich die Forderungen nur Stunden nach der Tat überschlagen, ist das doch völlig gaga", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ergänzte: "Ich warne davor, sich vorschnell in einen politischen Wettlauf von Forderungen hineinzusteigern." Bei den meisten Vorschlägen - etwa zum Waffenrecht oder zur Sicherheit an Schulen - handele es sich um Placebos.

Der Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) forderte eine bessere Hilfe für Kinder mit psychischen Krankheiten. Eine Depression wie bei Tim K. dürfe nicht als sozialer Makel betrachtet werden, sagte Verbandschef Frank Bergmann. Der Verband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg forderte vom Land mehr Geld für zusätzliche Schulsozialarbeiter und Lehrer.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/AFP/ihe/vw/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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