Reaktion auf Entführung eines Soldaten:Israels Armee rückt in den Gaza-Streifen vor

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Die Bilder erinnern an einen Krieg: Kampfflugzeuge bombadieren das einzige Elektrizitätswerk und drei Brücken in Gaza, Panzer und Bodentruppen rücken in die Palästinensergebiete vor. Israels Großoffensive beginnt nur wenige Stunden nach einem historischen Zugeständnis der Hamas.

Drei Tage nach der Entführung eines israelischen Soldaten in den Gazastreifen hat Israel eine Militäroffensive in den Süden des Palästinensergebiets begonnen.

Panzer und Räumfahrzeuge auf dem Weg in den Gaza-Streifen. (Foto: Foto: AFP)

Die Truppen wollten den Gazastreifen nicht erneut besetzen, sondern würden nach der Befreiung des 19-jährigen Gilad Schalit wieder abziehen, sagte eine Militärsprecherin am Mittwochmorgen im US-Fernsehsender CNN.

Gepanzerte Einheiten bezogen in der Nacht Stellungen in unbewohntem Terrein nahe der Stadt Rafah. Ziele in dem Gebiet würden mit Artillerie beschossen, bestätigte die Militärsprecherin. Es habe zunächst jedoch wenig Widerstand von palästinensischen Kämpfern gegeben, berichteten israelische Medien unter Berufung auf Militärangaben.

Operation "Sommerregen"

Gegen Mitternacht hatte die Luftwaffe drei Brücken südlich von Gaza und ein Elektrizitätswerk bombardiert. Große Teile des Gazastreifens lagen daraufhin im Dunkeln. Über mögliche Opfer lagen keine Angaben vor.

Über das genaue Ziel der Militäroperation, die nach israelischen Medienberichten unter der Bezeichnung "Sommerregen" läuft, herrschte zunächst Unklarheit. Es werde vermutet, dass der entführte Soldat im Flüchtlingslager von Chan Junis festgehalten werde, berichtete die Zeitung Haaretz in ihrer Internetausgabe.

Beobachter spekulierten, möglicherweise solle mit dem Vorstoß auch nur verhindert werden, dass der Entführte über die Grenze nach Ägypten gebracht werde. Ein Militärsprecher sagte, die Brücken seien zerstört worden, um den Transport des Soldaten innerhalb des Gazastreifens zu verhindern.

Entführung ein "Kriegsakt"

Der israelische Botschafter in Washington, Daniel Ayalon, sagte in einem CNN-Interview, die Entführung des Soldaten sei ein "Kriegsakt" gewesen. Er verwies ferner darauf, dass seit November mehr als 800 Kurzstreckenraketen aus dem Gazastreifen auf israelische Ortschaften abgeschossen worden seien.

Sollten die Palästinenser den Soldaten freilassen, könne die Militäroperation sofort beendet werden. Die diplomatischen Bemühungen um eine Freilassung dauerten an.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, erklärte im Deutschlandfunk, Israel sei verpflichtet, verschleppte Soldaten zu befreien.

Der Vorsitzende der Fatah im Gazastreifen, Abdallah Frangi, machte Israel für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

"In den letzten sechs Monaten wurden mehr als 3000 Palästinenser von der israelischen Armee ermordet," sagte er im Deutschlandfunk. Wenn die Israelis tatsächlich Frieden haben wollten, müssten sie mit den Palästinensern Verhandlungen aufnehmen.

Das palästinensische Volkswiderstandskomitee (PRC) drohte inzwischen, einen entführten jüdischen Siedler zu ermorden. "Wir sind mit unserer Geduld am Ende", hieß es in einer Erklärung der Gruppe, die am Montag mitgeteilt hatte, sie habe nicht nur Schalit, sondern auch einen Zivilisten im Westjordanland verschleppt.

Die Europäische Union äußerte sich am Dienstagabend über die jüngste Entwicklung im Nahen Osten "tief besorgt" und forderte die radikalen Palästinenser auf, den entführten Soldaten "sofort und bedingungslos" wieder freizulassen.

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