Rathäuser:Hass und Gewalt gegen Kommunalpolitiker

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Immer mehr Bürgermeister erleben tätliche Angriffe gegen sich, Gemeinderäte und Mitarbeiter der Verwaltung. Ein Kommunalverband fordert schärfere Gesetze, um Angreifer abzuschrecken.

Von Jan Bielicki, Freising

Kommunalpolitiker und Mitarbeiter in deutschen Rathäusern sehen sich nicht nur Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt, sondern werden immer öfter Opfer körperlicher Gewalt. In einer Umfrage des Fachblatts Kommunal gaben fast acht Prozent der befragten Bürgermeister an, in ihren Kommunen seien seit 2015 Gemeinderäte, Verwaltungsmitarbeiter oder, wie 1,9 Prozent der Bürgermeister berichteten, gar sie selbst körperlich angegriffen worden. In einer ähnlichen Befragung im Jahr 2017 hatten nur sechs Prozent der befragten Rathauschefs von solchen Gewaltvorfällen gesprochen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) forderte Bund und Länder auf, angesichts dieser "Hasswelle" Kommunalpolitiker und deren Mitarbeiter in den Rathäusern besser zu schützen - auch mit schärferen Gesetzen. "Wenn ein Bürgermeister oder Gemeinderat beleidigt, bedroht oder gar angegriffen wird, sollte das durchaus ein eigener Straftatbestand sein", sagte der DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg nach einer Tagung des Verbandes in Freising bei München. Erst seit 2017 stehen tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte unter besonderer Strafe. Der entsprechende Paragraf 114 des Strafgesetzbuches könnte etwa auch auf Mandatsträger ausgeweitet werden, forderte Landsberg. Gerade wer sich ehrenamtlich in der Politik seiner Gemeinde engagiere, benötige einen solchen Schutz - zumal Beleidigungen und Drohungen oft auch auf Familienangehörige zielten.

Tatsächlich berichteten in der Umfrage des DStGB-Magazins Kommunal mehr als 40 Prozent, in Ostdeutschland sogar mehr als die Hälfte der befragten Bürgermeister von Erfahrungen mit Stalking wie Hassmails und Einschüchterungsversuchen, die sie selbst, Gemeinderäte oder Rathaus-Mitarbeiter gemacht haben. Nicht mehr so häufig kamen allerdings Beschimpfungen vor, die sich auf die Flüchtlingspolitik beziehen. Dafür melden zwei von drei Rathauschefs, bereits mit sogenannten Reichsbürgern zu tun gehabt zu haben.

Union und SPD rief der Kommunalverband dazu auf, ihr Regierungsbündnis im Bund nicht platzen zu lassen. Die Kommunen treibe "eine große Sorge", nämlich "dass die Groko stabil bleibt", sagte der DStGB-Vorsitzende Uwe Brandl (CSU), Bürgermeister der niederbayerischen Stadt Abensberg. Angesichts drängender Probleme würden Neuwahlen wichtige Zeit vergeuden, warnte er.

© SZ vom 26.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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