Randale in Schorndorf:"Das ist kein zweites Köln"

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Nach Krawallen am Wochenende ging das Stadtfest im Schorndorfer Schlosspark am Montag friedlich weiter, verstärkt bewacht durch die Polizei. (Foto: Deniz Calagan/dpa)

Schorndorf wehrt sich gegen Berichte über massive Angriffe durch Asylbewerber - und die Stadt feiert friedlich weiter. Doch das Polizeiaufgebot wurde deutlich verstärkt.

Von Josef Kelnberger, Schorndorf

Alles friedlich in Schorndorf. Ein Großaufgebot von Polizisten, aber auch jede Menge Journalisten verfolgten am Montagabend den reibungslosen Verlauf des Stadtfestes. Die "Schorndorfer Woche", kurz Schowo, beschäftigt seit dem Wochenende wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe von vier Asylbewerbern und Angriffen auf die Polizei aus einer angeblich tausendköpfigen Menge von Jugendlichen heraus ganz Deutschland. Der Schlosspark, Schauplatz der Krawalle vom Wochenende, wird nun von Scheinwerfern der Feuerwehr ausgeleuchtet.

Im künstlichen Licht waren am Montag Jugendliche anzutreffen, die das ganze Medienspektakel für übertrieben halten. Viele von ihnen sind die Leidtragenden. Den Abiturienten und Realschulabsolventen des Jahres 2018 wird der Schlosspark wohl nicht als Bühne für ihre Abschlussfeier zur Verfügung stehen; bei der 50. Schorndorfer Woche im nächsten Jahr soll der Park offenbar geschlossen bleiben. Die Jugend empfände das als Katastrophe.

Es sind an diesem Abend alle möglichen Meinungen zu den Vorfällen vom Wochenende zu hören, von beschwichtigend bis radikal. Dass die Jugendlichen viel zu viel getrunken und keinen Respekt vor der Polizei mehr hätten, ist Allgemeingut. Ob das Verhältnis zu den Flüchtlingen in der Stadt leidet, wird sich zeigen. Die 40 000-Einwohner-Stadt, 30 Kilometer östlich von Stuttgart, galt bislang geradezu als vorbildlich im Umgang mit ihren Asylbewerbern. Noch ist nicht geklärt, welche Rolle sie bei den Krawallen spielten, und ob sie überhaupt eine spielten.

Die Polizei hatte pauschal mitgeteilt, ein großer Teil der randalierenden Menge habe aus "Menschen mit Migrationshintergrund" bestanden, ohne näher darauf einzugehen, wen sie damit meinte. In ersten Meldungen wurde zudem verbreitet, die ganze tausendköpfige Menge habe randaliert; tatsächlich wurden die Beamten von Unbekannten aus der Menge heraus angegriffen. Es gab keine Festnahmen, dafür sei es zu dunkel gewesen, hieß es. Später wurde mitgeteilt, es hätten sich nicht überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund im Park aufgehalten. Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) berichtete, nach seinen Erkenntnissen habe der Krawall als Streit unter Schorndorfer Schülern und Jugendlichen angefangen, erst später seien "Menschen mit Migrationshintergrund" dazugestoßen.

Auf Antrag der AfD hin wird sich der baden-württembergische Landtag am Donnerstag mit den Vorfällen beschäftigen. Die Stoßrichtung ist klar: Schon im Titel ihrer Anfrage zieht die AfD Parallelen zu den Vorfällen auf der Kölner Domplatte an Silvester 2015. Oberbürgermeister Klopfer stemmte sich am Dienstag im "Morgenmagazi" von ARD und ZDF gegen diese Interpretation: "Dass Ausnahmezustand in unserer Stadt war, das kann man ganz klar verneinen", sagte er. "Das ist kein zweites Köln und kein zweites Hamburg." Damit spielte Klopfer auf die Krawalle beim G-20-Gipfel an. Zu den beiden Gruppen, die die Randale begonnen hätten, habe jeweils eine "untere zweistellige Zahl" von Menschen gehört.

Klopfer forderte einen Schulterschluss von Politik und Polizei: "Da gibt es null Toleranz für Gewalt gegen die Polizei." Noch am Montag hatte er die Polizei kritisiert, weil sie den Schlosspark nicht rechtzeitig geräumt hatte. Nun spricht er von einer "gemeinsamen Fehleinschätzung der Stadt und der Polizei". Im Schlosspark herrsche von 22 Uhr an ohnehin ein Alkoholverbot, zudem habe man in den Vorjahren die Leute zwischen Mitternacht und 0.30 Uhr nach Hause gebeten. Dies sei am Wochenende zu spät geschehen. Am Montagabend aber wurde der Park um Punkt halb elf geräumt.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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