RAF:Union macht Front gegen Köhlers Entscheidung

Lesezeit: 2 min

Vieles spricht dafür, dass Christian Klar vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wird. Bundespräsident Köhler traf sich inzwischen mit dem Ex-RAF-Terroristen - um sich eine persönliche Meinung über Klars Gnadengesuch zu bilden. Doch Politiker der CDU und CSU drohen damit, dem Bundespräsidenten eine zweite Amtszeit versagen zu wollen.

Laut einem Spiegel-Bericht hatte Horst Köhler Klar am vergangenen Freitag in Süddeutschland getroffen. Die Begegnung habe auf Wunsch des Bundespräsidenten stattgefunden. Die Regierung erwarte nun eine schnelle Entscheidung von Köhler, schreibt das Magazin weiter. Köhler will in der kommenden Woche seine Entscheidung über die Begnadigung des RAF-Terroristen Christian Klar bekannt geben. Das erklärte Köhlers Sprecher Martin Kothé auf Anfrage von Nachrichtenagenturen. Kothé bestätigte damit die Meldung des Nachrichtenmagazins, dass es ein Treffen Köhlers mit Klar gegeben habe. Einzelheiten zu den Umständen des Treffens nannte er nicht.

Rote Armee Fraktion
:Die Opfer, die Täter, der Terror

Im Zuge der Studentenunruhen radikalisierten sich einige Linke zur Terrorgruppe. 1970 wurde die RAF gegründet - und mordete viele Jahre lang. Ein Überblick in Bildern.

Klar sitzt seit 1983 im Gefängnis. Er wurde unter anderem wegen gemeinschaftlichen Mordes von RAF-Terroristen an Arbeitgeber- Präsident Hanns Martin Schleyer und an Generalbundesanwalt Siegfried Buback - beides 1977 - verurteilt. Bis heute ist nicht geklärt, wer die tödlichen Schüsse auf Buback abgab. Seit kurzem wird Stefan Wisniewski als Todesschütze verdächtigt. Grundlage dafür sind (jedoch leicht dubiose) Aussagen von Peter-Jürgen Boock und anderen ehemaligen Mitgliedern der Rote Armee Fraktion (RAF).

Mehrere CSU-Politiker hatten zuvor Köhler vor einem Treffen mit Klar gewarnt. Offen sprechen führende Christsoziale darüber, im Falle einer Begnadigung eine Wiederwahl Köhlers im Frühjahr 2009 blockieren zu wollen.

Lesen Sie weiter, welche Position Stoiber und Westerwelle einnehmen.

CSU-Generalsekretär Markus Söder bezeichnete vergangene Woche während einer Klausur der Landtagsfraktion eine mögliche Begnadigung als "schwere Hypothek" für die Wiederwahl. Es sei ein "Kernanliegen von Konservativen, dass Terroristen, die keine Reue zeigen, nicht vorzeitig entlassen werden". Der "Passauer Neuen Presse" sagte Söder jetzt: "Schlimm genug, dass Klar jetzt Freigänger ist, aber eine Privataudienz beim Bundespräsidenten sollte man ihm nicht gewähren."

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sagte der Welt am Sonntag: "Es kommt bei vielen Bürgern so an, als wende der Staat für Schwerstverbrecher und Demokratiefeinde mehr Fürsorge auf als für die Kleinen." Das Treffen könnte von manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden, wenn der Staat so tue, als wären RAF-Mörder die besseren Mörder. Der Ministerpräsident sprach sich erneut grundsätzlich gegen eine Begnadigung aus.

Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Guido Westerwelle: "Ich bin strikt gegen die Begnadigung des Serienmörders Christian Klar, der bis heute keine Reue zeigt und zu seinen Taten schweigt", sagte er der Bild am Sonntag.

Der Justizpolitiker Norbert Geis wurde mit den Worten zitiert: "Ich habe dem Bundespräsidenten keine Ratschläge zu erteilen. Aber mit einer Privataudienz würde Herrn Klar zu viel Ehre erwiesen." Das verstehe die Bevölkerung nicht. Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Stephan Mayer meinte: "Klar hat kein Wort des Bedauerns geäußert und nichts zur Aufklärung der RAF-Taten beigetragen." Die derzeit von einigen Politikern verlangte "Reue" ist indes keine Voraussetzung für eine Begnadigung.

Auch der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) sprach sich in der Bild am Sonntag dagegen aus: "Der Bundespräsident ist in seiner Entscheidung völlig frei. Ich würde Herrn Klar nicht begnadigen, weil er an der Aufklärung der Verbrechen nicht mitgewirkt hat. Ich bin mir sicher, dass dies die Mehrheit der Bevölkerung auch so sieht."

Hafterleichterungen vor Gericht durchgesetzt

Klar hatte vor knapp zwei Wochen einen Rechtsstreit mit dem baden-württembergischen Justizministerium über Hafterleichterungen gewonnen. Landesjustizminister Ulrich Goll strich diese Erleichterungen, nachdem eine kapitalismuskritische Grußadresse des ehemaligen RAF-Mitglieds an die Berliner Rosa-Luxemburg-Konferenz bekannt wurde. Der Minister scheiterte damit aber vor Gericht, das Klar die Hafterleichterungen doch gewährte.

Häftlinge werden üblicherweise zwei Jahre vor dem Entlassungstermin bereits auf das Leben in Freiheit vorbereitet. Zu den Erleichterungen gehören unter anderem Freigänge, Sonderurlaube und offener Vollzug. Nach Golls Worten kann Klar frühestens im Januar 2008 mit den Erleichterungen rechnen. Der genaue Zeitpunkt sei von einem neuen Gutachten abhängig, sagte der FDP-Politiker dem Mannheimer Morgen. Klar wolle aber bislang nicht mit dem Gutachter sprechen.

In der Vergangenheit gab oft auch der schlechte Gesundheitszustand eines Häftlings den Ausschlag. Bis heute wurden acht ehemalige RAF-Mitglieder begnadigt, sechs von einem Bundespräsidenten, zwei von einem Ministerpräsidenten.

© sueddeutsche.de/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: