Rätsel der Woche:Wer hat noch Interesse an Stasi-Akten?

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Nicht wenige Politiker hätten sie lieber vernichtet oder weggesperrt. Doch seit Inkrafttreten der Stasiunterlagenbehörde 1992 sind millionenfach Anträge auf Akteneinsicht gestellt worden.

Von Robert Probst

Am 2. Januar 1992 trat das Stasi-Unterlagengesetz in Kraft, es schrieb das Recht auf persönliche Einsicht in die Akten der DDR-Spitzelbehörde fest. Die Bürgerrechtler Bärbel Bohley, Ulrike und Gerd Poppe, der Pfarrer Rainer Eppelmann sowie die Schriftsteller Lutz Rathenow und Sarah Kirsch gehörten zu den Ersten, die vor 25 Jahren in der neu gegründeten Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin einen Blick in "ihre" Papiere wagten. Behördenchef Joachim Gauck sprach damals von einem "wirklich historischen Schritt". Nicht wenige Politiker hätten die Akten damals nämlich lieber vernichtet oder für Jahrzehnte weggesperrt. Mehr als 3,1 Millionen Ersuchen von Bürgern auf Akteneinsicht wurden seither registriert; 2015, im 25. Jahr der Einheit, wurden 62 544 Anträge auf persönliche Akteneinsicht gestellt, dieses Jahr waren es bis Anfang Dezember noch 46 120 Anträge. Somit geht das Interesse zwar zurück, doch es sind immer noch mehr als 4000 pro Monat, etwa 60 Prozent sind sogenannte Erstanträge. Als Betroffene gelten laut Gesetz Personen, "zu denen der Staatssicherheitsdienst aufgrund zielgerichteter Informationserhebung oder Ausspähung einschließlich heimlicher Informationserhebung Informationen gesammelt hat". Anträge kann man nicht nur für sich selbst, sondern auch für nahe Angehörige, vermisste oder verstorbene Personen stellen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Prüfung der Frage, ob bestimmte Personen, die heute als Parlamentarier oder im öffentlichen Dienst arbeiten, früher als Hauptamtliche oder Informelle Mitarbeiter beim Ministerium für Staatssicherheit tätig waren. Bisher kamen hier mehr als 3,3 Millionen Ersuchen zusammen. Dazu kommen jedes Jahr Hunderte Anfragen von Forschern und Medien. In Berlin und den zwölf Außenstellen sind 111 Kilometer Akten gelagert. Die Bearbeitung der Anträge dauert in der Regel mehrere Monate.

© SZ vom 31.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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