Rätsel der Woche:Was bringen zwei Euro mehr Kindergeld?

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Im Jahr 1954 gab es nur 25 Mark vom dritten Kind an, fortan kriegt man zwei Eiskugeln mehr im Monat. Aber nicht die Familien, die von Hartz IV leben.

Von Ulrike Heidenreich

Zwei Euro mehr pro Kind pro Monat - dieser doch recht niedliche Betrag, auf den sich die Koalition in dieser Woche geeinigt hat, ruft erwartbare Reaktionen hervor: Von "Witz" sprechen die Grünen, von "Hohn" das Kinderhilfswerk, von einer "unglaublichen Farce" der Paritätische Wohlfahrtsverband. Und auch Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) meinte in Richtung seines Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble (CDU): "Da muss man aufpassen, das man sich nicht lächerlich macht." Es ist anzunehmen, dass in den Wohnzimmern deutscher Familien keine Sektkorken knallen. Jeweils 190 Euro für das erste und zweite Kind, für das dritte 196 Euro und für das vierte und jedes weitere 221 Euro gibt es - Ende 2017 werden es eben zwei Euro mehr sein.

Die riesige Summe, die hierzulande für mehr als 150 familienpolitische Leistungen ausgegeben wird - pro Jahr sind es 200 Milliarden Euro - steht schon lange in der Kritik. Es ist ein unübersichtliches Nebeneinander von eben jenem Kindergeld, dem Kinderzuschlag, dem Ehegattensplitting, der beitragsfreien Mitversicherung für Familienangehörige bis zu den Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets. Sie verpuffen oft wirkungslos, monieren Experten und fordern beispielsweise einen einheitlichen, wesentlich höheren Betrag, der das Existenzminimum aller Kinder abdeckt.

Die Erhöhung des Kindergeldes in Kleckerbeträgen geschieht regelmäßig, seit es das Kindergeld gibt, nämlich seit 1954 - da waren es 25 D-Mark vom dritten Kind an. Die Anpassung ist verfassungsrechtlich geboten. Was diesmal die Erhöhung bringt? Familien, die es sich leisten können, zum Beispiel zwei Eiskugeln mehr pro Monat. Familien, die von Hartz IV leben und es am nötigsten hätten, gehen ganz leer aus. Denn das Kindergeld wird komplett mit der Grundsicherung verrechnet, auch jene zwei Euro.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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