Rätsel der Woche:Warum müssen auf E-Zigaretten keine Schockfotos?

Raucherlunge und Ekelgebiss, derlei kommt in Kürze auf die Tabakschachteln. Wer nur dampft, der bleibt verschont.

Von Wolfgang janisch

Vom 20. Mai an ist es so weit, Raucher sollen mit drastischen Bildern vor den Gesundheitsrisiken des Tabakkonsums gewarnt werden. Der Bundestag hat die Umsetzung der Tabakprodukt-Richtlinie von 2014 beschlossen, und dort ist klar geregelt: Zwei Drittel der Fläche auf Vorder- und Rückseite ist für Warnhinweise "aus einer Kombination von Bild und Text" reserviert, sprich: für Schockfotos, die das Krebsrisiko so unmissverständlich wie abschreckend transportieren sollen.

Warum aber gilt das zwar für Zigaretten, nicht aber für E-Zigaretten? Die erste Antwort darauf ist: In Artikel 10 der Richtlinie sind gesundheitsbezogene Warnhinweise nur für "Rauchtabakerzeugnisse" vorgesehen - und die nikotinhaltigen E-Liquids werden nun mal nicht geraucht, sondern als Dampf inhaliert. Für "elektronische Zigaretten" gilt Artikel 20: Vorgeschrieben ist ein Beipackzettel mit Warnungen für spezielle Risikogruppen und mögliche schädliche Auswirkungen, über Suchtpotenzial und Toxizität. Und weil man weiß, wie intensiv Beipackzettel meistens gelesen werden, muss auch auf der Außenverpackung gemahnt werden: "Dieses Tabakerzeugnis schädigt ihre Gesundheit und macht süchtig."

Dass der Hinweis - verglichen mit den Raucherlungen und Gebissruinen - vergleichsweise defensiv ausfällt, liegt daran, dass man die Gesundheitsrisiken des "Dampfens" bisher als geringer einschätzt. Wobei das Thema ziemlich umstritten ist. Sicher ist immerhin, dass mit einer klassischen Zigarette 4800 Stoffe in den Körper gelangen, darunter Teer, Kohlenmonoxid, Ammoniak und Benzol, wohingegen "Dampfer" nur Nikotin und Trägersubstanzen wie Propylenglykol einatmen. Allerdings gibt es - da die E-Zigarette eine eher neue Erscheinung ist - noch keine Langzeitstudien. Und drastische Schockbilder können nur da gerechtfertigt sein, wo die Risiken wirklich nachgewiesen sind.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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