Rätsel der Woche:Kommen Bush und Blair je vor Gericht?

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Der Internationale Strafgerichtshof soll Kriegsverbrecher bestrafen, doch in der Praxis gibt es hohe Hürden.

Von Ronen Steinke

Wer keine schmutzigen Kriege führt, der braucht sich auch nicht zu verstecken, sagte ein junger, damals noch weithin für cool gehaltener Politiker namens Tony Blair, als er gerade die Wahl zum britischen Premier gewonnen hatte - und unterschrieb den Beitritt seines Landes zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC). Mehr noch, er erklärte dies zum Kennzeichen einer neuen "moralischen Außenpolitik". George W. Bush war da vorsichtiger. Als der Texaner 2001 ins Weiße Haus einzog, betonte er, die USA würden sich nie dem Weltstrafgericht unterordnen.

So kommt es, dass heute Bush besser dasteht als Blair. Bush muss den ICC nicht fürchten. Die USA sind auch nach dem Ende der Bush-Jahre nie dem ICC beigetreten, ebenso wenig der Irak, gegen den Bush 2003 zu Felde zog. Die Richter im fernen Den Haag haben schon deshalb keine Handhabe, um Bushs Irak-Feldzug näher zu untersuchen auf die Fragen hin: War dies ein amerikanischer Angriffskrieg, wie viele Kritiker meinen? Und: Hat das US-Militär nicht bloß vereinzelt, sondern systematisch gefoltert, wie noch deutlich mehr Kritiker meinen?

Für Blair ist die Sache heikler. Den Vorwurf des Angriffskrieges muss zwar auch er nicht fürchten; dieser Tatbestand hat es bis heute nicht in das Regelwerk geschafft, das in Den Haag gilt. Frühestens 2017 könnte sich dies ändern, dann aber würde es nur für die Zukunft gelten, nicht für die Vergangenheit. Anders verhält es sich mit dem Vorwurf, dass Briten irakische Gefangene misshandelten. Hier führt der ICC sogar bereits Vorermittlungen. Es wäre freilich spektakulär, wenn sich Beweise dafür finden ließen, dass Blair selbst derartiges angeordnet hat. Ihn schützt zudem ein Rechtsprinzip: Der ICC darf nur eingreifen, wenn ein Staat nicht willens oder in der Lage ist, Vorwürfe selbst aufzuarbeiten. Die britische Justiz tut in puncto Irak zwar wenig, aber nicht nichts.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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