Rätsel der Woche:Darf Edward Snowden wählen?

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Per Video aus dem Moskauer Exil verkündete der wohl bekannteste Exil-Amerikaner, dass er an der Präsidenten-Wahl teilnehmen werde. Dies wird dem Whistleblower wohl schwerfallen.

Von Reymer Klüver

Edward Snowden will bei den US-Präsidentschaftswahlen seine Stimme abgeben. "Ich werde wählen", sagte der frühere Geheimdienstmitarbeiter am Freitag bei einer Konferenz in Athen, zu der er per Video aus seinem Exil in Moskau zugeschaltet war. Aber darf Snowden überhaupt wählen? Immerhin wird er vom FBI wegen Geheimnisverrats und Spionage steckbrieflich gesucht. Doch Snowden ist nicht verurteilt, und so sind seine bürgerlichen Rechte - einschließlich des Wahlrechts - nicht verwirkt. Wählen dürfte er also. Die Frage ist, ob er es kann. Die Möglichkeit, seine Stimme auch aus dem Ausland abzugeben, hat Snowden dem früheren US-Präsidenten Ronald Reagan zu verdanken, der 1986 ein Gesetz unterzeichnete, das allen im Ausland lebenden US-Bürgern das Wahlrecht garantiert. Sie müssen sich nur rechtzeitig bei der Wahlbehörde des US-Bundesstaats melden, wo sie zuletzt gelebt haben; im Falle Snowden ist das Hawaii. Bis zum 6. Oktober müsste er die Wahlunterlagen mit dem im Internet herunterladbaren Formblatt Federal Post Card Application (FPCA) anfordern. Doch spätestens da beginnen die Probleme. Welche Postadresse in Moskau sollte Snowden angeben, an die Hawaiis Wahlbehörde die Stimmzettel schicken soll? Schließlich hält sich der Whistleblower vor den US-Behörden versteckt. Zwar könnte er auch eine E-Mail-Adresse angeben, damit ihm die Stimmzettel elektronisch übermittelt werden. Doch weiß der Whistleblower im Zweifel am besten, was sein ehemaliger Auftraggeber mit den Daten anzufangen wüsste. Überhaupt ist die Frage, ob es so weit kommt. Snowden müsste das FPCA-Formblatt unterschreiben. Die Behörden in Hawaii wiederum müssten prüfen, ob die Unterschrift echt ist. So was kann dauern. Vielleicht sogar bis nach der Wahl? Weshalb es doch ein Rätsel bleibt, ob Edward Snowden wirklich wählen kann.

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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