Quote:Mehr Frauen in Aufsichtsräten

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In den Kontrollgremien großer deutscher Firmen steigt der Anteil weiblicher Spitzenkräfte durch die Frauenquote auf 30 Prozent. Doch in den Vorständen passiert kaum etwas, kritisieren Wirtschaftsforscher.

Von Cerstin Gammelin und Henrike Roßbach, Berlin

Die Aufsichtsräte deutscher Konzerne werden dank staatlich verordneter Frauenquote weiblicher. In den Kontrollgremien der mehr als einhundert Unternehmen, die seit 2016 an die Quote gebunden sind, ist der Anteil von Frauen bis Ende 2017 auf durchschnittlich 30 Prozent gestiegen. Das geht aus einer Studie hervor, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin vorgelegt hat. Ein Jahr zuvor waren es noch gut 27 Prozent. Die Frauenquote für Aufsichtsräte greife, sagte Forschungsdirektorin Elke Holst. Von einer Signalwirkung könne allerdings "keine Rede sein".

Holst verwies darauf, dass Unternehmen, die nicht an die gesetzliche Quote gebunden sind, deutlich weniger Frauen in Aufsichtsräten haben - ihr Anteil liegt bei lediglich 20 Prozent. Im operativen Geschäft, wo es generell keine Quote gibt, seien weibliche Führungskräfte nach wie vor eine Seltenheit. In den 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen liege der Frauenanteil in den Vorständen nahezu unverändert bei etwas mehr als acht Prozent. Lediglich bei den 30 Dax-Unternehmen sei er auf 13 Prozent leicht angestiegen. Die Entwicklung zeige, "dass ohne Druck und drohende Sanktionen offensichtlich fast nichts vorangeht", sagte Holst.

Die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) warf den Unternehmen vor, sich Veränderungen zu verschließen. Es könne nicht sein, dass sich Unternehmen "auf Dauer eine Zielgröße von null setzen, was den Frauenanteil in Vorständen angeht", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Frauen seien, "wenn es um Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft geht, immer noch krass benachteiligt". Sollte sich daran nichts ändern, bestehe Handlungsbedarf. "Nur durch mehr Frauen in den Führungsetagen lässt sich das Patriarchat in vielen Unternehmen beenden", sagte Barley. Im Jahr 2018 könne es sich keine Gesellschaft mehr erlauben, Frauen von verantwortungsvollen Positionen auszuschließen.

Barley zufolge bedarf es mehr als nur Quotenregelungen, um Frauen in Chefpositionen zu bringen. Ein "echter Karrierekiller" sei etwa die Teilzeitfalle. "Hier muss sich etwas ändern." In der vergangenen Legislaturperiode war das eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbarte Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit noch an der Union gescheitert. In den derzeit laufenden Sondierungsgesprächen von Union und SPD zur Bildung einer neuen Regierungskoalition wird erneut darüber gestritten. Zudem müssten Mütter und Väter noch besser darin unterstützt werden, Familie und Beruf zu vereinbaren. "Das wünschen sich auch immer mehr junge Väter."

Die gesetzliche Quote gilt für börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen. Sie besagt, dass so lange Frauen als Aufsichtsräte gewählt werden müssen, bis sie 30 Prozent des Gremiums stellen. Für Vorstände, oberste Managementebenen und Aufsichtsräte von Unternehmen, die nur börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, nicht aber beides, gilt eine andere Regel: Sie müssen sich eigene Ziele setzen, unter der Aufsicht des Ministeriums, aber ohne Vorgabe.

© SZ vom 11.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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