Putsch-Pläne:Nicht mit uns!

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Die Linke Plattform in der Syriza-Partei macht Front gegen Alexis Tsipras. Sogar einen veritablen Putsch-Plan hatte eine Gruppe erörtert. Angeblich soll auch Yanis Varoufakis dabei gewesen sein.

Von Mike Szymanski, Athen

Welche zerstörerischen Kräfte die innerparteilichen Gegner von Alexis Tsipras freizusetzen vermögen, wird am Mittwoch im griechischen Parlament deutlich. Die Kreditgeber hatten verlangt, dass Griechenland erste Gesetze für Steuer- und Rentenreformen noch am Mittwoch beschließt - verbunden mit weiteren Härten für die Bürger des Landes. Mindestens 32 der 149 Abgeordneten von Tsipras' Linksbündnis Syriza gaben schon vor der Abstimmung zu erkennen, dass sie diese nicht mittragen wollen. So kommt es, dass Tsipras ohne eigene Mehrheit in diese so entscheidende Nacht geht, vor der Tausende vor dem Parlament gegen die Sparauflagen demonstrieren und einige Hundert Brandsätze auf die Polizei werfen.

Drei Stunden tagen die Syriza-Abgeordneten in einem Saal im ersten Stock. Manchmal dringt Geschrei nach außen. Manchmal Applaus. Als Tsipras zu ihnen spricht, heißt es später, hört man mehr Applaus. Am Vorabend hatte er im Fernsehen klar gemacht, er übernehme die Verantwortung für dieses Hilfspaket. Er glaube nicht daran, aber das Land habe keine Wahl. Es kollabiere sonst. Sitzungsteilnehmer tragen die Szene nach außen, wie Tsipras die Gegner fragt, welche Lösung sie sich vorstellten. Einer soll geantwortet haben, dann mache man es eben wie Bundesfinanzminister Schäuble wolle - raus aus der Eurozone. Ihm wurde bedeutet, erzählt man hinter, dass Schäuble wohl auch eine andere Regierung in Athen wolle.

In den vergangenen Tagen hatten Tsipras und seine Vertrauten den Druck auf die Rebellen erhöht. Minister sollten ihre Posten verlieren, Abgeordnete ihr Mandat. Jetzt droht Tsipras offenbar mit seinem Rücktritt. Wenn er nicht die Unterstützung seiner Parlamentarier habe, werde es für ihn schwierig sein, Regierungschef zu bleiben, wird er sinngemäß wiedergegeben. Für die Abstimmung, die in der Nacht erfolgt, heißt das: Augen zu und durch. Tsipras schickt seinen Finanzminister Euklid Tsakalotos vor, als die Plenardebatte um 21.30 Uhr beginnt. Sein Fraktionschef spricht. Abgeordnete von Syriza sprechen. Tsipras fehlt. Er will nicht sprechen. Noch nicht. Das ärgert die Opposition. Das Land halte gerade den Atem an, sagt Fofi Gennimata, Chefin der Sozialdemokraten. Noch jemand ist nicht auf seinem Platz. Zoe Konstantopoulou, die umstrittene Parlamentspräsidentin. Sie will nicht, dass dieses Parlament weitere Beschlüsse fasst, die in die Rezession führen. Sie hat die Sitzungsleitung an ihren Stellvertreter abgegeben. Tagsüber war die stellvertretende Finanzministerin Nadja Valavani zurückgetreten. "Alexis, ich kann nicht mehr weitermachen", schrieb sie ihm. Am Ende redet Tsipras doch noch. Er habe heute oft das Wort Erpressung gehört. Welche Wahl hätte er denn gehabt? Er zählt auf: Das Abkommen, sein Land kollabieren sehen, den Grexit. Jetzt müsse jeder für sich entscheiden, wofür er Verantwortung tragen wolle.

Eine Mehrheit ist Tsipras sicher, die Opposition will für das Abkommen stimmen. Am Abend zuvor, als Tsipras im Fernsehen auftrat, hatte sich Anhänger der Linken Plattform von Syriza in einem Athener Hotel getroffen. Ihr Wortführer Panagiotis Lafazanis enthüllte bei dieser Gelegenheit, dass sie schon einen Plan für den Grexit hatten. Die Regierung sollte sich der Geldvorräte der Zentralbank im Depot einer alten Münzanstalt in Athen bemächtigen und damit Renten und Pensionen bezahlen. Zentralbank-Chef Giannis Stournaras hätten sie vorher abgesetzt. Ein Putschplan - sicher hätte der Griechenland aus dem Euro katapultiert. Aber Tsipras wollte nicht mitmachen, Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis wohl schon, berichtet die griechische Zeitung Kathimerini. Varoufakis selbst verriet dem US-Magazin New Statesman, der Plan sei vor der Schließung der griechischen Banken im engsten Kreis besprochen und schließlich verworfen worden: Von sechs Leuten seien zwei dafür gewesen, so Varoufakis.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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