Protest im Gaza-Streifen:"Wir brauchen Milch, wir brauchen Nahrung"

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Tausende Palästinenser haben im Gaza-Streifen eine Menschenkette formiert, um gegen die Blockade des Gebiets zu protestieren.

Thorsten Schmitz

Tausende Palästinenser haben am Montag im Gaza-Streifen weitgehend friedlich mit einer Menschenkette gegen die Abriegelung des Küstengebiets protestiert. Die radikal-islamische Hamas, die das Gebiet seit einem Putsch im Juni 2006 beherrscht und den Protest mitorganisiert hatte, sprach von mehreren zehntausend Teilnehmern.

Palästinensische Schülerinnen in der Menschenkette (Foto: Foto: AP)

Israelische Medien und ausländische Beobachter dagegen berichteten, an der Menschenkette hätten sich lediglich 5000 Menschen beteiligt, unter ihnen überwiegend Kinder und Jugendliche.

Zu dem Protest hatte das "Komitee gegen die Belagerung des Gaza-Streifens" aufgerufen, dessen Vorsitzender der Hamas nahesteht. Die israelische Armee hatte mit einem Großaufgebot an Soldaten die Grenze am Übergang Eres im Norden gesichert. Die Armee-Führung hatte befürchtet, dass aufgebrachte Palästinenser versuchen würden, den Übergang zu stürmen.

"Die Welt hat den Gaza-Streifen zum Tode verurteilt"

Vor einem Monat hatten Tausende Menschen die Grenze im Süden des Gaza-Streifens zu Ägypten überrannt und den provisorischen Übergang nach Ägypten tagelang ohne Kontrolle ständig benutzt. Die israelischen Soldaten hatten am Montag den Befehl, bei einem Sturm auf die Beine der Demonstranten zu schießen. Mitglieder der Hamas kontrollierten die Zufahrtstraße nach Eres. Dennoch gelang es einigen Jugendlichen, Steine in Richtung Grenzübergang zu werfen sowie Autoreifen anzuzünden.

Die Demonstranten hielten Plakate hoch, auf denen auch englische Losungen standen wie "Die Welt hat den Gaza-Streifen zum Tode verurteilt" oder "Die Abriegelung macht uns nur noch stärker". Kinder präsentierten Schilder, auf denen "Wir brauchen Milch, wir brauchen Nahrung" stand.

In israelischen Medien wurde spekuliert, dass Mitglieder der Hamas die Plakate produziert haben könnten. Israel drosselt nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Jerusalem seit mehreren Wochen stetig die Zufuhr von Benzin, Öl, Gas und Strom in den Gaza-Streifen. Auch Lastwagen mit Lebensmitteln und Medikamenten dürfen nur noch bestimmte Mengen an Waren liefern.

Nach Angaben der Vereinten Nationen haben Hilfskonvois der UN Schwierigkeiten, ihre Lieferungen in den Gaza-Streifen zu bringen. Israel reagiert damit auf den pausenlosen Raketenbeschuss. Das Europaparlament hatte in der vergangenen Woche die Regierung erneut aufgefordert, die Blockade zu beenden. Die Politik der Isolierung des Gaza-Streifens sei "sowohl auf politischer als auch auf humanitärer Ebene gescheitert", stellte das Straßburger Parlament fest.

Während der Menschenketten-Demo wurde am Montag erneut die israelische Kleinstadt Sderot nahe der Grenze mit mindestens fünf Kurzstreckenraketen beschossen. Dadurch waren ein zehnjähriger Junge schwer, ein Kleinkind und eine Passantin leicht verletzt worden. Die israelische Luftwaffe tötete bei zwei Angriffen auf Ziele im Gaza-Streifen drei Palästinenser.

Zwist zwischen USA und Israel

Israels Regierungschef Ehud Olmert traf am Montag in Tokio ein, wo sich US-Außenministerin Condoleezza Rice zu einem Besuch aufhält. Rice hatte Olmert zu einem persönlichen Gespräch gebeten, obwohl die US-Politiker ohnehin in der kommenden Woche in Jerusalem erwartet wird.

Nach Angaben israelischer Medien ist die US-Regierung mit Israel uneins über die Politik der Abriegelung des Gaza-Streifens. Die Tageszeitung Haaretz berichtete, Washington befürchte eine Eskalation der Situation und dränge Jerusalem auf einen ungehinderten Warenverkehr. Bereits vor Monaten hatte die US-Regierung Röntgengeräte geliefert, mit denen Ladungen von Lastwagen zügig auf verdächtige Gegenstände kontrolliert werden können.

Bis heute würden diese nicht eingesetzt. Auch wolle Rice von einer größeren Militäroperation abraten. Zwar habe Israel das Recht auf Verteidigung, ein Einmarsch in den Gaza-Streifen könne indes den diplomatischen Prozess gefährden, zitiert Haaretz aus Kreisen des Außenministeriums in Jerusalem.

© SZ vom 26.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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