Prognosen:Siegerin nach Punkten

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(Foto: N/A)

Hillary Clinton führt in den ersten Meinungsumfragen nach der hitzigen Fernsehdebatte mit Donald Trump. Aber was heißt das?

Von Hubert Wetzel

Die Schnellumfragen nach dem Duell waren eindeutig: Hillary Clinton hat die erste Kandidatendebatte gegen Donald Trump mit Bravour gewonnen. In einer Erhebung des Senders CNN sahen 62 Prozent der Zuschauer die Demokratin als Siegerin, nur magere 27 Prozent fanden den Republikaner besser. Auch unter den unabhängigen Wählern lag Clinton mit 54 zu 33 Prozent vorn. Clinton gewann damit die Debatte mit einem ähnlich großen Vorsprung wie 2012 der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney sein erstes Duell gegen den Demokraten Barack Obama.

Barack Obama freilich gewann ein paar Wochen später die Wahl mit einer satten Mehrheit. Und genau daran zeigt sich recht gut das Problem mit derlei Blitzumfragen und den Debatten an sich: Wie die Kandidaten bei den Zuschauern ankommen - vor allem bei den heftig umkämpften unentschlossenen Wählern -, lässt sich ein paar Minuten nach dem Ereignis zwar messen. Was das Messergebnis aber in der Praxis bedeutet, ist eine ganz andere Frage. Denn ob ein Wähler tatsächlich wegen eines einzelnen Auftritts seine Meinung über einen Kandidaten ändert, weiß man erst, wenn in den nächsten Tagen frische Umfragen veröffentlicht werden, welche die Debatte voll abdecken. Der Meinungsforscher Nate Silver schätzte am Dienstag, dass der Debattensieg Clinton ein Umfragenplus von zwei bis vier Punkten bringen könnte. Das wäre, so eng, wie das Rennen ist, ein ordentlicher Zugewinn - den Clinton dann freilich auch bis zum Wahltag verteidigen müsste, damit er ihr etwas bringt.

Dass Trump am Montag der schlechtere Debattierer war, lässt sich kaum leugnen. Der Meinungsforscher Frank Luntz setzte eine Gruppe von 22 Wählern, Trump- und Clinton-Anhänger, vor den Fernseher, ließ sie die Debatte schauen und maß in Echtzeit ihre Reaktionen. Sechs Teilnehmer dieser focus group sahen später Trump als Sieger, 16 dagegen Clinton. Der Wahlberater Chris Kofinis versammelt eine ähnliche Gruppe, die allerdings nur aus unentschiedenen Wählern bestand. Das Ergebnis war ähnlich: Clinton gewann die Debatte klar.

Dennoch waren diese Wähler auch nach dem Schlagabtausch noch unentschlossen, für wen sie im November stimmen werden. Die Kandidaten "haben sich sehr erfolgreich bemüht, in 90 Minuten Debatte keinen Wähler umzustimmen", sagte Kofinis dem Wall Street Journal.

Trump war während der Debatte gereizt, rechthaberisch, unhöflich und ausweichend. Im Grunde bestätigte er damit das Bild, das viele Wähler von ihm haben und das sie an seiner Tauglichkeit für das Präsidentenamt zweifeln lässt: dass er ein zu aufbrausendes Temperament hat, um Staatschef der USA zu sein. Doch dieser Stil hat Trump weit gebracht. Vor der Debatte lag er in den Umfragen gleichauf mit Clinton. Seine Anhänger scheint sein ruppiges Verhalten nicht zu stören. Trump habe keine gute Vorstellung abgeliefert, gab einer seiner Fans in der Luntz-Gruppe nach der Debatte zu. "Er war schlecht. Aber ich bin gegen Hillary."

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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