Privatisierung der Wasserversorgung:Preise hoch, Investitionen runter

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Konzerne wie Vivendi wollen Zugriff auf die öffentliche Wasserversorgung - doch Privatisierung wirkt sich selten gut aus. Ob in den Megastädten der dritten Welt oder in London: steigende Preise und fehlende Investitionen sind an der Tagesordnung.

Von Wolfgang Roth

Kein anderes Thema bringt die Mühlen der Globalisierungsgegner so in Schwung wie der Zugriff internationaler Konzerne auf die öffentliche Wasserversorgung rund um den Globus.

(Foto: Foto: SZ Grafik, Quelle Vereinte Nationen)

Zum Fanal wurde die bolivianische Stadt Cochabamba, wo das System auf Drängen der Weltbank von dem US-Unternehmen Bechtel übernommen wurde.

Megastädte als lukratives Geschäft?

Nach drastischen Preiserhöhungen war es im Jahr 2000 zu Massenaufständen mit Toten und Verletzten gekommen, worauf der Konzessionsvertrag rückgängig gemacht wurde; Bolivien sah sich daraufhin mit hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert.

Auch in anderen Teilen der Welt hat es sich bisher selten zum Segen ausgewirkt, dass der Privatsektor mehr oder weniger stark den Zugriff auf das wichtigste Nahrungsmittel der Bevölkerung bekam.

Die Megastädte der Zweiten und Dritten Welt schienen ein lukratives Geschäft zu sein, vor allem für die drei Branchenriesen, die mit ihren Tochter-Unternehmen und Ausgliederungen ihren Sitz in Europa haben: Vivendi/Veolia und Suez/Ondeo in Frankreich; der deutsche Konzern RWE, der sich die britische Thames Water und die amerikanische Water Works einverleibte.

Kein Interesse an Investitionen

Die Hoffnung auf lukrative Geschäfte ist inzwischen einer gewissen Ernüchterung gewichen. Die gewaltigen Investitionen lassen sich oft nur mit zugesicherten Renditen rechtfertigen, die einer verarmten Bevölkerung nicht über die Gebühren abverlangt werden können.

In etlichen Städten Afrikas und Südamerikas wurden die Verträge deshalb gekündigt. Dass die Trinkwasserversorgung daraufhin besser wird, ist nicht der Normalfall.

Die notwendigen Investitionen können entweder nicht von der öffentlichen Hand geleistet werden oder die in Diktaturen und Scheindemokratien herrschenden Eliten haben daran kein Interesse.

Globalisierungsgegner fordern, Trinkwasser müsse ein "Allgemeingut" und kein "Wirtschaftsgut" sein, aber leider ist Trinkwasser eben in großen Teilen der Erde kein Allgemeingut, ohne dass Konzerne ihre Hand im Spiel haben.

Folgen der Liberalisierung

Die Europäische Union spielt allerdings ein doppeltes Spiel. Sie macht in der Welthandelsorganisation WTO Druck für eine weitgehende Öffnung der globalen Wassermärkte, während nur wenige der eigenen Mitgliedstaaten dazu bereit sind.

Großbritannien hat den Wassersektor sehr stark liberalisiert - mit üblen Folgen für die Bevölkerung: steigende Preise, geringe Investitionen. In Frankreich zeigte sich eine ähnliche Tendenz.

Gebührengewinne für Wasserqualität

In Deutschland haben einige Kommunen Private ins Boot geholt, um die maroden Haushalte zu sanieren, zum Beispiel in Berlin. Noch gibt es aber mehr als 6000 öffentliche Wasserversorger im Land, und die meisten Kommunen wollen die Steuerung nicht aus der Hand geben.

Es wäre der Bevölkerung hier auch schwer zu vermitteln, dass sie die demokratische Kontrolle aufgeben und das Risiko eingehen sollten, dass die durch Gebühren erzielten Gewinne an ferne Anteilseigner ausgeschüttet und nicht für hochwertiges Trinkwasser investiert werden.

© SZ vom 23.03.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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