Prinz Bandars Nebeneinkünfte:Riesiger Korruptionsskandal bringt Blair in Bedrängnis

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Die Regierung Blair gerät wegen eines gigantischen Waffenexports unter Druck: Im Mittelpunkt steht der saudische Ex-Botschafter in Washington und Bush-Freund Prinz Bandar.

Wolfgang Koydl, London

Selbst im elitären diplomatischen Zirkel Washingtons war Prinz Bandar bin Sultan immer eine Ausnahmeerscheinung: Weltläufig und gewinnend charmant war Saudi-Arabiens Botschafter in der US-Hauptstadt, ein glitzernder Gastgeber, hervorragend vernetzt bis in die höchsten Etagen von Politik, Gesellschaft und Big Business, und vor allem fast schon obszön wohlhabend.

Prinz Bandar, Ex-Botschafter in Washington (Foto: Foto: AFP)

Ein Teil dieses Reichtums stammte nicht aus den unergründlich tiefen Taschen des saudischen Königshauses. Rund 30 Millionen Pfund (45 Millionen Euro) im Vierteljahr überwies der britische Rüstungskonzern BAE von einem Geheimkonto der Bank of England auf zwei Konten, welche die saudische Botschaft bei der Riggs-Bank in Washington unterhielt, und auf die der Botschafter persönlich Zugriff hatte.

Diese Zahlungen, die mehr als ein Jahrzehnt lang geleistet worden sein sollen und eine Gesamthöhe von mehreren hundert Millionen Pfund erreicht haben, stehen im Mittelpunkt einer Untersuchung durch das Panorama-Programm der BBC und der Londoner Tageszeitung Guardian. Das Geld, so der Vorwurf, sei dafür geflossen, dass der Prinz 1985 einen Rüstungsdeal im Gesamtwert von 40 Milliarden Pfund über den Verkauf von 100 Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien eingefädelt hatte.

Neu sind die Vorwürfe nicht, schließlich hatte sogar schon die mit der Untersuchung schwerer Betrugsfälle betraute Regierungsbehörde Serious Frauds Office (SFO) Nachforschungen wegen des sogenannten Yamamah-Deals angestellt. Doch im Dezember vergangenen Jahres hatten die Fahnder ihre Recherchen eingestellt - wenn nicht auf Anweisung, so doch auf dringenden Rat von keinem geringeren als Premierminister Tony Blair: Weitere Nachforschungen, so der Regierungschef, würden die strategische Partnerschaft Britanniens mit Saudiarabien beschädigen und lägen daher nicht im nationalen Interesse.

SFO-Chef Robert Wardle schloss sich dieser Meinung an - obschon ihm nach eigenen Worten "nicht gänzlich wohl dabei" war. Gut möglich, dass seine Entscheidung auch unter dem Eindruck saudischer Drohungen fiel, einen neuen Rüstungsauftrag über die Lieferung von 72 Kampfflugzeugen des Typs Eurofighter zu stornieren, wenn Britannien die dunklen Abgründe des Yamamah-Deals ausleuchten würde. Der Verlust für BAE hätte sich auf stattliche zehn Milliarden Pfund (15 Milliarden Euro) summiert, ganz zu schweigen von verlorenen Arbeitsplätzen.

Hoffnungen der Betroffenen, die leidige Geschichte ein für allemal ad acta gelegt zu haben, sind dank der jüngsten journalistischen Spürarbeit nun zerstoben. Mehrere Unterhausabgeordnete verlangen, die Ermittlungen durch die SFO wieder aufzunehmen oder einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Entscheidend für Premier Blair und seine Kollegen ist, ob das Geld an Bandar - offenbar mit Wissen und Duldung der Regierung - auch über 2001 hinaus floss. Denn in diesem Jahr wurde die Zahlung von Schmiergeld an korrupte ausländische Empfänger gesetzlich als Straftat eingestuft.

In Heiligendamm hat Blair mittlerweile bekräftigt, dass eine Aufdeckung des Skandals die "lebenswichtigen strategischen Beziehungen" zu Saudi-Arabien "vollständig ruiniert" hätten. Aufmerksamen Beobachtern entging freilich nicht, dass er die Vorwürfe selbst zu keinem Zeitpunkt als unbegründet oder haltlos zurückwies.

© SZ vom 8. 6. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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