Presseschau:Endlich ist Präsident Obama weg

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(Foto: N/A)

In den meisten Ländern der Welt hat die Wahl in den Vereinigten Staaten Bestürzung ausgelöst. Anders dagegen in Israel. Zumindest im konservativen Teil der Presse herrscht Freude darüber, dass Obama weg ist.

Von Peter Münch

Ein Großteil der Welt scheint seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten von Schwermut befallen zu sein. Doch in einem kleinen Land herrscht eitel Freude. Israel - zumindest jenes Israel, das von Premierminister Benjamin Netanjahu und seiner rechts-religiösen Regierung vertreten wird - freut sich nach den bleiernen Jahren mit Barack Obama nun auf einen amerikanischen Anführer, der die Zügel locker lässt.

Allen voran ist die Gratiszeitung Israel Hajom seit der Wahl in eine Art publizistischer Schnappatmung verfallen. Exklusiv durfte das Blatt, das mittlerweile zur auflagenstärksten Zeitung avanciert ist, eine Botschaft des Friedens direkt vom großen Donald ans israelische Volk verkünden. Ein Wunder ist das nicht, schließlich wird Israel Hajom vom amerikanischen Kasino-Magnaten Sheldon Adelson finanziert. Auf Adelsons Spendenliste stehen einträchtig auch Trump und Netanjahu.

Die oft kaum noch ernst zu nehmende Jer usalem Post lässt den amerikanischen Rabbiner Shmuley Boteach jubeln, dass nach den "elenden" Obama-Jahren endlich Rettung in Sicht sei. Während die alte US-Regierung Israel oft in "nackter Feindschaft" gegenübergestanden sei, sei von Trump nun viel Gutes zu erwarten, von der Kündigung des Atomabkommens mit Iran bis zur Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. Der Autor weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Trump "eine jüdische Tochter und drei jüdische Enkelkinder" hat. Ivanka Trump ist bei ihrer Heirat mit Jared Kushner zum Judentum konvertiert.

Psychologisch eine Etage tiefer schürft da in Jedioth Achronoth der altgediente Kommentator Nahum Barnea. Aber auch er prophezeit, zumindest fürs Erste, wunderbare Aussichten für Israels Regierungschef. "Netanjahu fühlt sich unwohl mit Leuten, deren Intellekt mit seinem rivalisiert", glaubt er. Deshalb habe ihn Obama auch so unter Stress gesetzt. "Mit Trump wird er es viel leichter haben."

Wo so viel Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten - und ein paar ernst zu nehmende Warnungen. Ben Caspit verweist in Maariv darauf, dass es Netanjahu jetzt zwar zum ersten Mal in seiner langen Regierungszeit mit einem republikanischen Präsidenten zu tun bekomme. "Das Problem mit Trump aber ist, dass er nicht der Republikaner ist, für den Netanjahu gebetet hat. Trump ist Trump, er schuldet keinem irgendetwas, er ist unbeherrscht und handelt unvorhersagbar", argumentiert er. "Leute, die lange mit ihm zusammengearbeitet haben, vermuten sogar, dass er Juden oder den Staat Israel nicht sonderlich mag. In seinen Genen fehlt etwas, das jeder amerikanische Politiker - einschließlich Hillary - hat: eine tiefe, automatische Verpflichtung Israel gegenüber, in jeder Situation und bei jedem Wetter."

Die Furcht vor einem bösen Erwachen hat Amos Biderman, der Karikaturist von Haaretz, in eine hübsche Zeichnung verpackt: Netanjahu liegt ohnmächtig auf dem Boden, und Gattin Sara eilt zur Ersten Hilfe, während im Fernseher Trump von einem Friedensvertrag zwischen Israelis und Palästinensern schwadroniert. Auch in Israel also gibt es zumindest unter Linken und Liberalen den Gedanken, dass Trump am Ende wieder alle überraschen könnte, vielleicht sogar positiv. Nur Gideon Levy, der in Haaretz stets die linke Flagge hochhält, wünscht sich genau das Gegenteil: "Wir müssen nun für das Wohlbefinden von Donald Trump beten und hoffen, dass er seine großen Versprechungen gegenüber Israel einlöst", schreibt er. Denn nur so könne es zum "notwendigen Schock" kommen und zur ehrlichen Einsicht, dass Israel dann ungeschützt als "Apartheidsstaat" dastehe.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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