Präsidentschaftswahl:Rechtsruck in Polen

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Lech Kaczynski wird neuer Präsident Polens. Der Nationalkonservative setzte sich mit knapp 55 Prozent gegen den liberaleren Donald Tusk durch. Im Wahlkampf hatte er "eine Politik der Stärke" gegenüber Deutschland und der EU angekündigt - und sich für die Todesstrafe ausgesprochen.

Nach der Auszählung von gut 90 Prozent der Stimmen in der Nacht zum Montag erhielt der 56 Jahre alte Warschauer Bürgermeister 54,47 Prozent der Stimmen. Für seinen liberalkonservativen Gegenkandidaten Donald Tusk stimmten 45,53 Prozent der Wähler. Die Wahlbeteiligung war mit 50,9 Prozent deutlich niedriger als vor fünf Jahren.

Lech Kaczynski - der polnische Präsident bestimmt vor allem die Außenpolitik (Foto: Foto: Reuters)

In einer ersten Ansprache sagte Kaczynski, er wolle ein Präsident der Eintracht sein. Tusk räumte seine Niederlage ein. Er hatte im ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit 36,3 Prozent knapp vor Kaczynski gelegen, für den damals 33,1 Prozent der Wähler stimmten.

Da keiner der insgesamt zwölf Kandidaten die absolute Mehrheit erlangte, mussten sich Tusk und Kaczynski der Stichwahl stellen.

Wahlentscheidend für Kaczynski dürfte vor allem die Unterstützung durch die radikale Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) und die gemäßigte Bauernpartei PSL gewesen sein. Für Kaczynski stimmten vor allem ländliche Wähler und Menschen mit niedrigem Bildungsstand.

Zudem entschieden sich in den ärmeren Regionen im Osten viele Wähler für Kaczynski. Einen klaren Vorsprung hatte der 56-Jährige auch bei den Wählern über 60 Jahren - hier wirkte sich wahrscheinlich die Forderung des Wahlsiegers nach einer Entschädigungszahlung Deutschlands für die Zerstörung von Warschau im Zweiten Weltkrieg aus.

Der 48 Jahre alte Donald Tusk wurde vor allem von jungen Wählern, Großstädtern und Akademikern gewählt wurde.

Mächtiges Zwillingspaar

Zudem hatte Kaczynski mit dem Versprechen eines fürsorglischen Sozialstaates um Stimmen geworben. Kritiker hielten ihm vor, dass etwa das von Kaczynski angekündigte Wohnungsbauprogramm, das ohnehin nicht in die Zuständigkeit des Präsidenten fällt, angesichts leerer öffentlicher Kassen gar nicht finanziert werden kann.

Als Präsident macht Kaczynski den Triumph der von seinem Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski geführten nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vollkommen. Jaroslaw Kaczynski verzichtete nach dem Sieg seiner Partei bei den Parlamentswahlen vor sechs Wochen darauf, selbst die Regierung zu bilden, um die Chancen seines Bruders bei den Präsidentenwahlen zu verbessern.

Projekt der "Vierten Republik"

Die beiden Brüder wollen Polen gemeinsam in die so genannte "Vierte Republik" umwandeln und unter anderem das Strafrecht verschärfen sowie die Befugnisse von Polizei und Gerichten ausbauen. Als Warschauer Bürgermeister hatte Kaczynski vor wenigen Monaten eine Homosexuellen-Parade verboten. Staatspräsident Aleksander Kwasniewski, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder gewählt werden konnte, hoffte, dass Kaczynski als Präsident das Land einigen werde und keine Gruppe ausschließe.

Derzeit verhandelt der designierte PiS-Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz mit der von Tusk geführten liberalkonservativen Bürgerplattform über eine Regierungskoalition.

Der Präsidentenwahlkampf hatte die Regierungsbildung in den vergangenen Wochen verzögert. An die Adresse der PO gewandt sagte Lech Kaczynski am Wahlabend, er hoffe nun auf eine zügige Regierungsbildung.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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