Porträt Donald Tusk:Schwiegermuttertyp und Torjäger

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Donald Tusk, der Historiker aus Danzig, streift den Ruf des netten Kerls, aber ewigen Verlierers ab. Dass er auch aggressiv kann, zeigte der Liberale bislang jedoch nur auf dem Fußballplatz.

Donald Tusk musste lange warten, doch sein Triumph bei der polnischen Parlamentswahl am Sonntag war schließlich umso größer: Der von manchen Medien schon als "ewiger Pechvogel" der polnischen Politik bezeichnete liberale Parteichef gilt nach dem überragenden Sieg seiner Bürgerplattform (PO) als natürlicher Kandidat für das Amt des künftigen Regierungschefs.

Das Gesicht der Liberalen: Für den fließend deutschsprechenden Tusk sind Weltoffenheit und Wirtschaftsliberalismusdie Mittel für den Aufschwung. (Foto: Foto: Reuters)

Endlich kann der 50 Jahre alte Historiker den Ruf des netten Kerls, aber ewigen Verlierers abstreifen. Seit der Gründung der PO vor der Wahl 2001 hatte es seine Partei nicht in die Regierung geschafft. Zudem hatte Tusk vor zwei Jahren bei der Präsidentenwahl eine Niederlage gegen Lech Kaczynski, den Zwillingsbruder von Noch-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, erlitten.

Dabei hätte ein Mann wie Tusk im Fernsehzeitalter eigentlich ein klarer Sieger sein müssen: Groß, blond, hochgewachsen überragt er die meisten seiner politischen Gegner. Der Historiker aus Danzig (Gdansk) ist ein Typ, der Schwiegermütter beeindruckt: nett, höflich und sympathisch.

Nur auf dem Fußballplatz - er war jahrelang Kapitän und Torjäger der Mannschaft des polnischen Parlaments - kommen durchaus auch Härte und Aggression zum Vorschein. Mit dem weiß-roten Fanschal der polnischen Nationalmannschaft zeigte sich Fußballfan Tusk auch am Wahlabend vor seinen Anhängern, als er dazu aufrief, mit Beginn der Arbeit an einer neuen Regierung auch dem politischen Gegner die Hand zur Versöhnung entgegen zu strecken.

Als Danziger und Kaschube ist der fließend deutsch sprechende Tusk ein Mann aus dem Grenzland, in dem Deutsche und Polen Jahrhunderte lang zusammen lebten. Vor zwei Jahren trug zu seiner schmerzhaften Wahlniederlage gegen Lech Kaczynski eine kurz vor der Wahl in den Medien lancierte Meldung bei, einer seiner Großväter sei Freiwilliger in der deutschen Wehrmacht gewesen.

Für Tusk, dessen Onkel und Großväter Häftlinge in einem deutschen Konzentrationslager waren, war dies ein Schlag unter die Gürtellinie. Doch anders als der Warschauer Kaczynski, der immer wieder die historische Schuld Nazi-Deutschlands gegen Polen betont, kennt Tusk trotz und wegen seiner Familiengeschichte nicht nur deutsch- polnisches Gegeneinander, sondern auch Nachbarschaft und Miteinander.

Den künftigen deutsch-polnischen Beziehungen dürfte dies nach der Abkühlung des Verhältnisses in den vergangenen Jahren nur gut tun. Tusk, einst Mitgründer der Studenten-Gewerkschaft Solidarnosc, ist das Gesicht der Liberalen. Für seine Anhänger steht er für ein weltoffenes Polen, das seine Traditionen schätzt, sich aber nicht in Europa isolieren will. Er sieht Wirtschaftsliberalismus, nicht den Schutz eines starken Staates als wirksamstes Mittel für Aufschwung und gegen Arbeitslosigkeit und Massenemigration.

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