Politische Konsequenzen:Koalition will mehr Überwachungskameras

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Nach den Silvester-Attacken dringt die SPD auf mehr Polizei, die CDU auf verschärfte Abschiebungsregeln.

Von Kim Björn Becker, Michael Bauchmüller, Nico Fried, Berlin/Havanna

CDU und SPD wollen als Konsequenz aus den Übergriffen in mehreren Großstädten während der Silvesternacht die Überwachung von öffentlichen Plätzen ausweiten. "Um Gewalt und Diebstähle abzuwehren sowie Anschläge und andere Straftaten erfolgreich aufzuklären, wollen wir den Einsatz von Videokameras an Kriminalitätsbrenn- und Gefahrenpunkten, wie etwa auf und im Umfeld von Bahnhöfen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, verstärken", heißt es in einem Papier, das der CDU-Vorstand am Freitagabend beschließen wollte. Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nach einer Klausurtagung seiner Abgeordneten in Berlin.

Juristische Bedenken wies Oppermann zurück. Er sei der Überzeugung, dass bei Aufzeichnungen an öffentlichen Plätzen das individuelle Persönlichkeitsrecht "hinter das öffentliche Interesse zurücktreten muss", so der Fraktionschef, "das hat mit einer Überwachungsgesellschaft nichts zu tun". Da solche Aufnahmen in der Regel nach 24 Stunden gelöscht würden, handele es sich nicht um einen dauerhaften Eingriff in die Rechte einzelner Personen. In Hamburg gab es von den Ausschreitungen auf der Reeperbahn an Silvester keine Bilder, weil Anwohner die Überwachung zuvor gerichtlich hatten stoppen lassen.

Bei anderen möglichen Konsequenzen aus den Krawallen zum Jahreswechsel liegen die Koalitionspartner hingegen noch auseinander. Offenbar ist aber auch der Klärungsprozess innerhalb der SPD noch nicht abgeschlossen. Die Fraktion dringt vor allem auf mehr Polizisten. So sollen bis 2019 insgesamt 12 000 neue Stellen geschaffen werden, jeweils die Hälfte im Bund und in den Ländern. Oppermann mahnte, es bringe nichts, wenn sich die Polizeien von Bund und Ländern wegen der Kölner Silvester-Übergriffe gegenseitig die Schuld hin- und herschöben. Die Polizei brauche insgesamt mehr Personal, um Kriminalität zu bekämpfen.

Was Gesetzesänderungen anging, sagte Oppermann: "Ich sehe im Augenblick keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf." SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel zeigte sich dafür am Rande einer Kuba-Reise offener: "Wenn es nötig ist, Gesetze zu ändern, werden wir auch das tun", sagte Gabriel. Denkbar sei etwa, Staaten die Entwicklungshilfe zu entziehen, wenn sie straffällig gewordene Asylbewerber nicht wieder einreisen ließen. "Wir werden durchsetzen, dass Staaten abgelehnte Asylbewerber auch zurücknehmen", kündigte Gabriel an: "Wer bei uns Schutz bekommt, darf nicht die deutsche Bevölkerung angreifen." Der Zeitung Bild hatte er zuvor gesagt, es sei auch zu prüfen, wie der Grundsatz "Haft im Heimatland" wieder verwirklicht werden könne. Die Androhung, im Herkunftsland hinter Gitter zu kommen, schrecke die Täter weit mehr ab als eine Haftzeit im deutschen Gefängnis. Oppermann sagte in Berlin, die Haft im Heimatland abzusitzen, sei bereits jetzt möglich. Er räumte allerdings ein, dass dies nur mit Zustimmung des Straftäters geschehen könne.

Die CDU-Vizechef Julia Klöckner fordert mehr Polizei. (Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

Die CDU will die Abschiebung von Straftätern mit Migrationshintergrund auch mit neuen rechtlichen Instrumenten forcieren. "Asylberechtigte und Flüchtlinge ebenso wie Personen, die sich im Asylverfahren befinden, sollen künftig bereits dann von der Asylberechtigung beziehungsweise der Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen sein, wenn sie rechtskräftig wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden", heißt es dazu in dem Vorstandspapier.

CDU-Vizechefin Julia Klöckner wie auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderten, ähnlich wie die SPD, mehr Polizeistellen, nannten aber keine konkreten Zahlen. "Wir brauchen wieder mehr Polizisten, gerade weil es erweiterte Aufgabenbereiche, eine ganz andere Gefahrenlage gibt", sagte Klöckner, die auch CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz ist, der Funke-Mediengruppe. Die Polizei habe in Köln die Kontrolle verloren. Die Frage sei, ob die Polizei "ausreichend ausgestattet war, um angemessen reagieren zu können", so Klöckner.

© SZ vom 09.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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