Politik kompakt:Spionagevorwurf: Reaktion aus Russland

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Russland hat zwei Nato-Diplomaten die Arbeiteserlaubnis entzogen. Die Koalition will noch vor der Bundestagswahl das Wahlrecht ändern.

Nach Spionagevorwürfen der Nato gegenüber zwei russischen Diplomaten in Brüssel hat das russische Außenministerium nun im Gegenzug zwei Nato-Mitarbeitern in Moskau die Zulassung entzogen. Damit fehle der kanadischen Leiterin des Nato-Büros in Moskau, Isabelle Francois, und einem kanadischen Mitarbeiter die Genehmigung für ihre Arbeit in Russland, sagte ein Ministeriumssprecher in Moskau nach Angaben der Agentur Interfax. Beide seien jedoch nicht als "unerwünschte Personen" ausgewiesen worden. Auch die Allianz hatte den beiden russischen Diplomaten nur die Nato-Zulassung entzogen.

Russland entzieht zwei Nato-Mitarbeitern die Arbeitserlaubnis. (Foto: Foto: dpa)

Russland war am Vortag offiziell von der Nato über den Fallinformiert worden. Daraufhin hatte das Außenministerium in Moskau eine "adäquate Reaktion" angekündigt. Ein russischer Diplomat nannte den Entzug der Zulassung "eine weiche Lösung". Hintergrund des Streits zwischen der Nato und Russland soll ein Spionagefall in Estland sein. Ein Beamter war dort im Februar wegen der Weitergabe geheimer Nato-Informationen an den russischen Geheimdienst zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

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Koalition prüft Wahlrechtsreform noch vor der Bundestagswahl

Die große Koalition will jetzt doch noch eine Änderung des Wahlrechts vor der Bundestagswahl prüfen. Eine sechsköpfige Arbeitsgruppe von Innenpolitikern aus Union und SPD soll nach einer raschen Lösung suchen. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann zeigte sich zuversichtlich, dass noch im Mai eine Einigung erreicht wird. Damit könne eine Neuregelung noch vor der Wahl am 27. September in Kraft treten. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ließen sich ohne größere Probleme erfüllen, sagte der SPD-Politiker.

Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass die Berechnung von Überhangmandaten im Wahlrecht korrigiert werden muss. Solche zusätzlichen Parlamentssitze fallen an, wenn Parteien in einem Bundesland mehr Direktmandate erhalten, als ihnen nach dem Zweitstimmen-Ergebnis zustünden. Davon profitieren insbesondere die großen Parteien. Das Gericht hatte dem Gesetzgeber für die Änderung allerdings eine Frist bis 2011 eingeräumt. Bei einer Anhörung im Bundestag hatte eine Mehrheit der geladenen Sachverständigen in dieser Woche dafür plädiert, schon vor dem 27. September das Wahlrecht entsprechend anzupassen.

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Unionsfraktion fordert Ablösung von türkischem Generalkonsul

Wegen des Vorwurfs rassistischer Äußerungen gegen Deutsche hat die Unionsfraktion im Bundestag die Ablösung des türkischen Generalkonsuls in Düsseldorf gefordert. Die Vorwürfe seien inzwischen so klar, "dass Hakan Kivanc nicht weiter als Generalkonsul in Deutschland tragbar ist", erklärten der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sowie die für Extremismus zuständige Berichterstatterin Kristina Köhler (CDU).

Sie forderten das Auswärtige Amt auf, von der Türkei den Abzug des Generalkonsuls zu verlangen. Das Auswärtige Amt könne die Affäre "nicht länger mit einem Achselzucken bei Seite schieben".

Nach Angaben der Unionspolitiker wurden inzwischen zwei eidesstattliche Versicherungen abgegeben, wonach sich der Generalkonsul rassistisch geäußert habe. Demnach soll Kivanc gesagt haben, dass die Deutschen, "wenn sie es könnten, allen aus der Türkei ein 'T' tätowieren und ihnen das gleiche antun" würden, "was sie während der Nazidiktatur den Juden angetan haben".

Außerdem soll er gesagt haben: "Wenn man den Deutschen die Pulsadern aufschneiden würde, würde bei ihnen braunes Blut fliessen." Kivanc weist die Vorwürfe zurück.

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Krawalle in Georgien

In Georgien haben Spezialeinheiten am Mittwoch einen Sturm Oppositioneller auf die Polizeizentrale vereitelt. Bei dem Zwischenfall in der Hauptstadt Tiflis wurden mehrere führende Regierungskritiker, darunter der frühere Präsidentschaftskandidat Lewan Gatschetschiladse, verletzt, wie das georgische Staatsfernsehen Rustawi-2 berichtete.

Nach offiziellen Angaben versuchten Demonstranten, inhaftierte Anhänger zu befreien. Es habe sich um einen "gefährlichen Zwischenfall" gehandelt, sagte die georgische Vize-Innenministerin Eka Sguladse nach Angaben der Agentur Interfax. Die Beamten hätten das Gebäude geschützt. Die Opposition sprach dagegen von einem brutalen Vorgehen der Polizei mit Gummigeschossen und Knüppeln.

Die Regierungskritiker fordern seit Wochen den Rücktritt von Präsident Michail Saakaschwili, dem sie die Schuld an der innenpolitischen und wirtschaftlichen Krise des Landes geben. Einige Oppositionelle waren zuletzt festgenommen worden. Auch Journalisten sollen vor dem Polizeigebäude am Mittwoch verletzt worden sein. Die Lage in der früheren Sowjetrepublik hat sich seit dem Südkaukasuskrieg zwischen Georgien und Russland im vergangenen August verschärft. Allein am Mittwoch waren in Tiflis laut dortigen Medien wieder tausende Menschen auf der Straße, um Saakaschwili zum Rücktritt zu drängen. Am Vortag hatte das Innenministerium mitgeteilt, einen von Russland geplanten und finanzierten Putschversuch des georgischen Militärs verhindert zu haben. Es gab Dutzende Festnahmen.

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Mutmaßlicher Mumbai-Attentäter streitet Tat ab

Der einzig überlebende mutmaßliche Attentäter der Terroranschläge in der indischen Geschäftsmetropole Mumbai hat auf nicht schuldig plädiert. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die Beteiligung an den Terroranschlägen vom vergangenen November vor, bei denen 166 Menschen getötet und 234 weitere verletzt wurden. Bei einer Verurteilung droht dem Angeklagten die Todesstrafe.

Der Prozess gegen den Pakistaner Mohammed Ajmal Kasab begann am 15. April. Kasab werden unter anderem Mord und Kriegsführung gegen Indien zur Last gelegt. Er gilt als der einzige Überlebende der insgesamt zehn Angreifer. Die neun anderen wurden während der dreitägigen Belagerung mehrerer Luxushotels, eines jüdischen Zentrums und anderer Einrichtungen im Mumbai (Bombay) getötet.

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Schwere Gefechte mit Taliban bei Smaragdmine in Swat

Die pakistanische Armee hat sich am Mittwoch schwere Gefechte mit den Taliban bei einer Smaragdmine im Swat-Tal geliefert. Die Islamisten hätten das Bergwerk unter ihre Kontrolle gebracht, sagte ein Sprecher des Militärs. Es liegt nahe der Stadt Mingora, wo Soldaten ebenfalls in Kämpfe verwickelt waren. Das Militär setzte Artillerie und Hubschrauber ein. Einwohner berichteten von neuen Truppen, die auf Lastwagen ankamen. In Regierungskreisen wurden jedoch Spekulationen zurückgewiesen, dass eine Großoffensive gegen die Taliban bevorstehen könnte. Auch aus dem angrenzenden Buner-Distrikt wurden Gefechte gemeldet. Pakistanische Sicherheitskräfte gaben dort den Tod von 27 Taliban bekannt.

Die Regierung in Islamabad und die Taliban hatten sich auf einen Waffenstillstand geeinigt, der die Einführung des islamischen Rechts im Swat-Tal beinhaltete. Die Islamisten breiteten sich jedoch anschließend weiter aus. Die Kämpfe haben Sorge um die Stabilität des atomar bewaffneten Staates geweckt.

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Schwarzenegger will über Legalisierung von Marihuana reden

Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat eine Diskussion über die Legalisierung von Marihuana gefordert. Die Zeit dafür sei gekommen, sagte er am Dienstag in Davis.

Er fügte hinzu, dass er selbst nicht für die Zulassung der Droge sei. Einige Länder hätten mit der Entkriminalisierung des Gebrauchs von Marihuana negative Erfahrungen gemacht.

Ein demokratischer Abgeordneter im kalifornischen Parlament, Tom Ammiani, hat vorgerechnet, dass die Erlaubnis, Marihuana an Erwachsene über 21 Jahren zu verkaufen, dem Staat bei einer Steuer von 50 Dollar pro Unze eine Milliarde Dollar Einnahmen bringen könnte.

Kalifornien hat 1996 als erster US-Staat die Verschreibung von Marihuana für medizinische Zwecke erlaubt. Inzwischen haben ein Dutzend der 50 US-Staaten ähnliche Gesetze.

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Koalition streitet über Waffenrecht

In der Koalition ist ein Streit um die Verschärfung des Waffenrechts entbrannt. Neben der CSU hat auch Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) den Vorschlag einer Arbeitsgruppe der Innenministerien von Bund und Ländern abgelehnt, verdachtslose Kontrollen bei Waffenbesitzern zu ermöglichen. "Ohne Anlass dürfen solche Kontrollen nicht stattfinden", sagte Bouffier der Berliner Zeitung.

Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung müsse gewahrt bleiben. Lediglich bei dem Verdacht auf eine unsachgemäße Lagerung von Waffen halte er Kontrollen für nötig. Die Arbeitsgruppe, die sich aus Fachreferenten zusammensetzt, hatte Vorschläge zur Verschärfung des Waffenrechts vorgelegt.

Am Dienstagabend fanden erste Gespräche des Bundesinnenministeriums zur politischen Abstimmung mit den Bundestagsfraktionen von Union und SPD statt. Bei der Oppositionspartei FDP stößt der Vorschlag ebenfalls auf Ablehnung. "Verdachtsunabhängige Kontrollen sind wegen der Unverletzlichkeit der Wohnung rechtlich problematisch", sagt der FDP-Innenpolitiker Max Stadler der Berliner Zeitung. Er plädierte dafür, angemeldete Kontrollen zu ermöglichen. "Sie greifen nicht zu sehr in die Grundrechte ein", sagte Stadler.

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Unionsfraktion will Dienstwagenbesteuerung in der Krise aussetzen

Die Union im Bundestag will die Steuer auf Dienstwagen während der Wirtschaftskrise aussetzen und die degressive Abschreibung auf Firmen-Pkw erhöhen. "Wir müssen überlegen, wie wir in der Krise deutschen Herstellern, darunter gerade solchen aus dem Premiumbereich, zielorientierter unter die Arme greifen können", sagte der CSU-Wirtschaftsexperte Georg Nüßlein der Rheinischen Post.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer werde dazu in den nächsten Wochen konkrete Vorschläge ausarbeiten, fügte Nüßlein nach einer Sitzung der Arbeitsgruppe Wirtschaft der Unionsfraktion hinzu. Er appellierte an die SPD, das Vorhaben "angesichts der Krise im Automobilsektor zu unterstützen".

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Kabinett will KFOR-Mission verlängern

Das Bundeskabinett hat die Beteiligung der Bundeswehr im Kosovo an der internationalen Kfor-Truppe für ein weiteres Jahr beschlossen. Derzeit sind im Kosovo 2210 deutsche Soldaten stationiert. Die Mandatsobergrenze lag bisher bei 8500 Soldaten und soll jetzt auf 3500 Soldaten gesenkt werden. Zur Begründung hieß es in der Kabinettsvorlage, die Lage im Kosovo sei seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 weitgehend ruhig geblieben. Die internationale Kfor-Truppe bleibe allerdings so lange erforderlich, bis die einheimischen Strukturen die Sicherheit aller Bevölkerungsgruppen gewährleisten könnten. Die Bundeswehr ist seit 1999 in der ehemaligen serbischen Provinz. Der Bundestag muss dem Kabinettsbeschluss noch zustimmen.

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