Politik kompakt:Demjanjuks Anwalt rechnet mit Abschiebung

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Die Abschiebung Demjanjuks wird wahrscheinlicher, US-Präsident Obama will mit Russland kooperieren und Spanien lässt somalische Piraten frei.

Demjanjuks Anwalt rechnet mit "baldigem Eintreffen"

Der mutmaßliche NS- Verbrecher John Demjanjuk musste vor Gericht eine schwere Niederlage hinnehmen. (Foto: Foto:)

Eine Abschiebung des mutmaßlichen NS-Verbrechers John Demjanjuk aus den USA nach Deutschland ist einen Schritt näher gerückt. "Ich gehe davon aus, dass es hochwahrscheinlich ist, dass er kommt - aber ich weiß nicht, wann", sagte der Münchner Anwalt des 89-Jährigen, Günther Maull, am Freitag. Der Oberste US-Gerichtshof hatte am Donnerstag den Antrag Demjanjuks abgelehnt, seine Abschiebung zu stoppen. Laut Bericht einer US-Zeitung könnten die Anwälte nun den Antrag aber aber noch bei anderen Richtern des Supreme Court einreichen.

Die Staatsanwaltschaft München wirft Demjanjuk vor, von März bis Ende September 1943 als 23-jähriger Wachmann im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 Juden geleistet zu haben. Maull sagte, er gehe davon aus, dass sein Mandant bei einer Abschiebung nach München in die Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt Stadelheim gebracht werde. Demjanjuk leidet laut Maull an einer Nierenerkrankung sowie einer Vorstufe zur Leukämie. Falls er dort nicht ausreichend medizinisch behandelt werden könne, sei auch eine Unterbringung in einem Krankenhaus unter Bewachung möglich.

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Obama und Lawrow wollen Neuanfang

Die USA und Russland haben ihren Willen zum Neuanfang in ihren Beziehungen bekräftigt. US-Präsident Barack Obama sagte am Donnerstag beim Empfang des russischen Außenministers Sergej Lawrow im Weißen Haus: "Wir haben die ausgezeichnete Gelegenheit, die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland in einer ganzen Reihe von Themen auf eine neue Basis zu stellen."

Bei einem Treffen mit seiner US-Amtkollegin Hillary Clinton hatte Lawrow zuvor erklärt, man müsse die negative Vergangenheit hinter sich lassen. Clinton und Lawrow spielten Differenzen etwa über Georgien herunter und erklärten, dies dürfe die Bemühungen um ein neues Abrüstungsabkommen nicht beeinträchtigen.

Der russische Nato-Botschafter Dmitri Rogosin machte Länder aus dem früheren Ostblock, die Russland feindlich gesinnt seien, für die jüngsten Verwerfungen verantwortlich. Eine Mitschuld trügen auch Mitarbeiter Obama, die noch unter der früheren Regierung ins Amt gekommen seien. "Was zurzeit passiert, ist vielleicht das Ergebnis des Versuchs, die Bemühungen Obamas um bessere Beziehungen zu sabotieren", sagte Rogosin.

Russland hatte die Teilnahme am Treffen des Nato-Russland-Rats abgesagt, nachdem zwei russische Diplomaten wegen einer Spionage-Affäre des Nato-Hauptquartiers verwiesen worden waren. Russland wies als Konsequenz zwei Nato-Mitarbeiter aus.

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Spanien lässt somalische Piraten frei

Die spanische Justiz hat die sofortige Freilassung von sieben somalischen Piraten angeordnet, die in dieser Woche von der Besatzung eines spanischen Kriegsschiffes gefasst worden waren. Der zuständige Ermittlungsrichter sah sich zu diesem Schritt gezwungen, nachdem die Staatsanwaltschaft am Nationalen Gerichtshof in Madrid am Freitag überraschend die Anschuldigung gegen die Seeräuber fallen gelassen hatte. Am Donnerstag hatte die Anklagebehörde noch verlangt, die Piraten an Spanien auszuliefern und sie dort vor Gericht zu stellen.

Stattdessen forderte sie nun, die Seeräuber auf der Grundlage eines Abkommens mit der EU an Kenia zu überstellen, damit ihnen dort der Prozess gemacht werde. Das wiederum lehnte der Ermittlungsrichter ab, weil seiner Ansicht nach die spanische Justiz für den Fall zuständig ist. Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft seien die von ihm ausgestellten Haftbefehle aber hinfällig.

Die Piraten hatten versucht, ein unter panamaischer Flagge fahrendes Handelsschiff zu überfallen. Der Angriff scheiterte, und die Seeräuber fielen ins Meer. Sie wurden am Mittwoch von dem Tanker Marqués de la Ensenada der spanischen Kriegsmarine aufgegriffen.

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Müller: Einmonatiges Schweigegelübde für Steinbrück

Nachdem Finanzminister Steinbrück seine "Verbalattacken" an benachbarten Steueroasen erneuert hat, reißt die Kritik nicht ab. Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU) geäußert: Steinbrück sollte sich im Ton mäßigen. Es gelte der alte Spruch: "Hart in der Sache, aber freundlich im Ton", sagte Polenz im Deutschlandradio Kultur.

Die bayerische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Emilia Müller (CSU), riet Steinbrück in der Passauer Neuen Presse zu einem einmonatigem Schweigegelübde. Er rede sich sonst um Kopf und Kragen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte Steinbrück auf, sich für seine harschen Worte zu entschuldigen. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Werner Hoyer sagte der Berliner Zeitung: "Es ist völlig unerträglich und total daneben, sich gegenüber einem wichtigen befreundeten Staat so zu äußern." Steinbrück hatte Luxemburg, Österreich und die Schweiz in eine Reihe mit Ouagadougou gestellt, der Hauptstadt des afrikanischen Staates Burkina Faso.

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Greenpeace: Mehr radioaktives Tritium in Asse

Im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse lagern offenbar größere Mengen radioaktiver Stoffe als bisher angenommen. Nach Berechnungen der Umweltorganisation Greenpeace übersteigt die Tritium-Menge die Angaben des früheren Betreibers um das 4,5-fache. Dies deute darauf hin, dass das gesamte radioaktive Inventar des ehemaligen Forschungsbergwerks bei Wolfenbüttel unterschätzt werde, sagte der Physiker Helmut Hirsch, der das Gutachten für Greenpeace erstellte. Möglicherweise gebe es auch falsche Mengenangaben für problematischere Stoffe wie Plutonium oder Cäsium.

Tritium (überschwerer Wasserstoff) entsteht hauptsächlich bei der Kernspaltung in Atomreaktoren. Es führt zu einer gleichmäßigen Belastung aller Organe und kann Krebs oder genetische Schäden hervorrufen. Die Berechnungen von Greenpeace sollen jetzt dem neuen Asse-Betreiber, dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), vorgestellt werden. Das BfS erarbeitet bis Ende des Jahres ein Schließungskonzept für das Bergwerk. Greenpeace fordert, dass sich die Atomindustrie an der etwa 2,4 Milliarden Euro teuren Sanierung beteiligt.

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Festgenommener Taliban kommt nicht nach Deutschland

Der in Afghanistan von deutschen Elitesoldaten festgenommene mutmaßliche Taliban-Führer soll nicht in die Bundesrepublik überstellt werden. "Der wird in Afghanistan hoffentlich zügig verurteilt nach den vereinbarten rechtsstaatlichen Grundsätzen", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt, am Freitag im Bayerischen Rundfunk. Nach seinen Angaben hat die Bundeswehr noch weitere Taliban-Führer im Visier.

Soldaten des Kommandos Spezialkräfte und afghanische Sicherheitskräfte hatten am Donnerstag den Mann im nordafghanischen Hochgebirge festgenommen. Es handelt es sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums um Abd al-Racik, der als Kommandeur der radikal-islamischen Taliban-Milizen in der Provinz Badakshan gilt. Er steht im Verdacht, am Anschlag auf eine Bundeswehr-Patrouille im Juni 2008 sowie an anderen Anschlägen gegen ausländische Truppen und afghanische Sicherheitskräfte beteiligt gewesen zu sein. Der Mann sei an die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Kabul übergeben worden, sagte Schmidt. "Die muss ihn so behandeln, wie wir vereinbart haben mit den Afghanen, nämlich dass sowohl Folter als auch Todesstrafe nicht angewandt beziehungsweise verhängt werden dürfen."

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Afghanistan für USA erstmals teurer als Irak

Das Pentagon plant erstmals mehr Gelder für den Krieg in Afghanistan als für den Einsatz im Irak ein. Im Etat für das Jahr 2010 seien 65 Milliarden Dollar für Afghanistan vorgesehen und 61 Milliarden Dollar für den Irak, berichtete die Washington Post am Freitag. Im Etatjahr 2009 seien es noch 87 Milliarden Dollar für den Irak und 47 Milliarden Dollar für Afghanistan gewesen. In den Kosten sei unter anderem die Stationierung von 21.000 weiteren US-Soldaten in Afghanistan berücksichtigt, womit die Gesamtzahl der amerikanischen Soldaten auf 68.000 steige. Im Irak ziehen die USA ihre Truppen dagegen ab.

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Karlsruhe erhöht Entlassungschancen von Häftlingen Das Bundesverfassungsgericht hat den Rechtsschutz von Strafgefangenen gestärkt und damit deren Chancen auf vorzeitige Entlassung erhöht. Im Fall eines zu lebenslanger Haft verurteilten Mörders aus Bayern haben die Karlsruher Richter die neuerliche Prüfung einer vorzeitigen Entlassung nach 15 Jahren angeordnet. Das Landgericht Regensburg hatte die Aussetzung der Reststrafe als zu riskant abgelehnt, weil das Verhalten des Häftlings in Freiheit bisher nicht durch Vollzugslockerungen erprobt worden sei. Nun muss das Landgericht prüfen, ob es überhaupt rechtens war, dem Häftling die Lockerungen zu versagen.

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USA warnen Nordkorea vor neuem Atomwaffentest

Die USA haben Nordkorea vor einem zweiten Atomwaffentest gewarnt. Ein solcher Test hätte Konsequenzen, sagte der US-Sondergesandte Stephen Bosworth bei einem Besuch in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Wie diese aussehen könnten, sagte er nicht. Die kommunistische Führung in Pjöngjang hatte zuvor der Regierung von Präsident Barack Obama eine feindselige Politik vorgeworfen und Gespräche als sinnlos bezeichnet. Nordkorea bleibe nichts anderes übrig, als seine nukleare Abschreckung auszubauen. Bereits Ende April hatte Nordkorea mit einem neuen Atomtest gedroht, falls sich der UN-Sicherheitsrat nicht für Sanktionen im Zusammenhang mit dem Test einer Langstreckenrakete entschuldige.

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