Pläne zur Entlastung der Mittelschicht:Union erwägt höhere Steuern für Besserverdiener

Die Besteuerung von Gutverdienende ist "nicht das Optimum an Gerechtigkeit": CDU-Haushaltsexperte Barthle will deshalb den Spitzensteuersatz auf 44 Prozent anheben und so die geplanten Steuersenkungen für Durchschnittsverdiener finanzieren. Die SPD signalisiert Unterstützung, doch der Koalitionspartner FDP rebelliert.

In der CDU gibt es erstmals ernsthafte Überlegungen, die geplanten Steuersenkungen für Durchschnittsverdiener durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes zu finanzieren. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, sagte der Süddeutschen Zeitung, die für 2013 vorgesehene Reform dürfe die klammen Staatskassen nicht über Gebühr belasten. Man müsse deshalb darüber nachdenken, ob Spitzenverdiener nicht etwas höher besteuert werden könnten.

Bisher liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, bei kinderlosen Unverheirateten greift er oberhalb eines zu versteuernden Einkommens von etwa 53.000 Euro. Wer mehr als 250.000 Euro (Ledige) beziehungsweise 500.000 Euro (Verheiratete) verdient, muss auf einen Teil seiner Einkünfte sogar den sogenannten "Reichensteuersatz" von 45 Prozent entrichten.

Barthle schwebt nun vor, die Verdienstgrenze, von der an der Spitzensteuersatz fällig wird, auf 70.000 bis 80.000 Euro anzuheben. Dadurch würde der gesamte Steuertarif flacher, alle Steuerbürger müssten weniger zahlen. Zugleich will er jedoch für Einkommensteile, die über dieser Grenze, aber unter 250.000 Euro liegen, eine oder mehrere zusätzliche Belastungsstufen einziehen. Diese Einkünfte würden künftig mit etwa 44 Prozent besteuert.

Das Bundesfinanzministerium soll nach dem Willen des CDU-Politikers über den Sommer unterschiedliche Versionen seines Modells durchrechnen. Erst danach will er ein fertiges Konzept mit exakten Zahlen vorlegen.

Aus Sicht Barthles wäre die Steuerreform mit Hilfe seiner Idee nicht nur einfacher finanzierbar, sie ließe sich auch leichter gegen den Vorwurf der sozialen Schieflage verteidigen. Der derzeit geltende "Einheitssatz" von 42 Prozent für überdurchschnittliche Einkommen sei für ihn "nicht das Optimum an Gerechtigkeit", erklärte er. Außerdem gelte in der Koalition der Grundsatz, dass Gesetzesänderungen, die Geld kosteten, aus dem gleichen Fachbereich gegenfinanziert werden müssten. Diese Vorgabe müssten auch die Steuerpolitiker einhalten.

"Das Gegenteil dessen, was im Koalitionsvertrag steht"

Barthle zufolge gibt es in der Unionsfraktion viele weitere Abgeordnete, die ähnlicher Auffassung sind wie er selbst. Allerdings meldeten sich auch die Kritiker umgehend zu Wort. Der für Wirtschaftspolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs sagte der SZ, es sei zwar richtig, den Spitzensteuersatz erst auf höhere Einkommen anzuwenden. Eine gleichzeitige Erhöhung des Satzes sei aber der falsche Weg.

Wenn die Steuerreform gegenfinanziert werden müsse, dann über die Streichung von Vergünstigungen. Als Beispiele nannte er die Vielzahl von Arbeitsmarktprogrammen sowie die jüngst zugesagte steuerliche Förderung von Elektroautos. "Die Autoindustrie verdient sich dumm und dusselig - und wir verteilen auch noch Subventionen", sagte Fuchs.

Noch schärfer äußerte sich FDP-Vizefraktionschef Volker Wissing. "Das ist das Gegenteil dessen, was im Koalitionsvertrag steht, deshalb wird es das mit uns nicht geben", sagte er. "Wir wollen etwa einen mittelgroßen Handwerksbetrieb ja nicht stärker, sondern geringer belasten." Barthles Idee sei auch deshalb "nicht durchdacht", weil sie Personengesellschaften gegenüber großen Kapitalgesellschaften benachteilige.

Rückendeckung erhielt Barthle hingegen von der SPD. Wer im unteren Tarifbereich Steuern senken wolle, müsse oben "etwas mehr einsammeln", sagte Fraktionsvize Joachim Poß. Allerdings stehe Barthle innerhalb der schwarz-gelben Koalition "mit so viel Realitätssinn weitgehend alleine da".

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