PKK-Entführungsfall:BND fädelte die Freilassung der Geiseln ein

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Ihre Freiheit verdanken die drei bayerischen Bergsteiger dem Engagement des BND. Nach Behinderungen durch die türkischen Behörden stellte der deutsche Geheimdienst Kontakt zu PKK-Entführern her.

Annette Ramelsberger

Die Freilassung der drei von der kurdischen Extremistenorganisation PKK verschleppten bayerischen Bergsteiger ist offenbar nur durch den Einsatz des Bundesnachrichtendienstes (BND) erreicht worden. Da sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Türken und Kurden lange nicht auf einen Vermittler einigen konnten, baute der BND eigene Kommunikationskanäle zu den Entführern auf.

Die drei deutschen Geiseln vor dem Heimflug nach München. (Foto: Foto: Reuters)

Eine BND-Delegation, die auf dem Weg zum Berg Ararat war, wurde zwar von den türkischen Behörden gestoppt. Sie durfte aber nach dem Eingreifen des Bundesaußenministeriums ihre Mission fortsetzen. Die drei Bergsteiger traten am Montag die Heimreise an und wurden am Abend auf dem Flughafen München zurückerwartet.

Von Lösegeld keine Rede

Den Männern geht es nach der ersten Einschätzung von Diplomaten gut, obwohl sie offenbar lange Märsche in unwegsamem Gelände zurücklegten, weil die PKK mit ihren Opfern immer wieder vor den türkischen Sicherheitskräften fliehen musste. Die Rebellen ließen ihre Geiseln am Sonntagmorgen in der Nähe eines kleinen Dorfes frei.

"Das war eine klassische Aufgabe durch die PKK", sagte ein deutscher Sicherheitsverantwortlicher der SZ. "Wir haben nicht einen Fußbreit nachgegeben." Von Lösegeld war während der gesamten Verhandlungen keine Rede gewesen. Die Entführer hatten politische Forderungen gestellt: Sie wollten, dass die Bundesrepublik das Verbot des PKK-nahen Fernsehsenders Roj TV aufhebt, das vom Innenministerium kürzlich erlassen worden war. Außerdem sollte die Bundesregierung ihre "kurden-feindliche" Politik ändern. An dem Verbot von Roj TV wolle man festhalten, heißt es im Innenministerium. "Wir werden die kriminellen Strukturen der PKK in Deutschland weiter verfolgen."

Nach Informationen der SZ wurden allein in den vergangenen fünf Jahren gut zwei Dutzend Ermittlungsverfahren gegen PKK-Funktionäre in Deutschland eingeleitet. 120 bis 150 Kurden gehören hier zur Führungsebene der PKK. Deren Kader fallen vor allem durch Passfälschungen, Geldwäsche und Spendensammlungen auf. Laut Experten werden jedes Jahr in Deutschland zehn Millionen Euro für die PKK gesammelt.

Eigentlich sollten die Bergsteiger schon Mitte der vergangenen Woche freigelassen werden. Doch die türkische Seite lehnte es ab, ihre Sicherheitskräfte aus der Gegend um den Ararat zurückzuziehen. Daher behielten die PKK-Leute ihre Geiseln als Faustpfand. Gleichzeitig wollte Ankara verhindern, dass die PKK einen großen Medienauftritt bekommt. Deswegen wurde die Einschaltung von Vermittlern des Deutschen und Internationalen Roten Kreuzes abgelehnt. Zudem hatte die PKK schon früh erklärt, dass es sich bei der Aktion um eine eigenmächtige Aktion örtlicher Kräfte handelte. "Es ging darum, dass alle Seiten ihr Gesicht wahren können", erklärten Sicherheitskreise in Berlin.

Das Bundeskriminalamt hatte schon früh eigene Verbindungsleute am Berg Ararat. Als auch noch BND-Mitarbeiter mit einer Botschafts-Delegation in den Osten der Türkei wollten, hielt sie der örtliche Gouverneur erst einmal auf, später durften sie weiterziehen. Deutsche Fahnder dankten den türkischen Sicherheitskräften. "Der Fahndungsdruck war mehr als nützlich", sagte ein Verantwortlicher.

© SZ vom 22.07.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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