Philipp Jenninger:Das Missverständnis einer Stunde

Der Bundestag ehrt den verstorbenen ehemaligen Parlamentspräsidenten.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat den früheren Parlamentspräsidenten Philipp Jenninger als Wegbereiter von Reformen und strikten Gegner autoritärer Herrschaft gewürdigt. "Er betrachtete es als Ehre, für den demokratischen Rechtsstaat zu arbeiten", sagte Schäuble bei einem Staatsakt im Bundestag. Jenninger () war zwei Wochen zuvor im Alter von 85 Jahren gestorben. Von 1984 bis 1988 war er Parlamentspräsident. Jenninger trat vom Amt zurück, nachdem eine missverständlich vorgetragene Rede Proteste ausgelöst hatte. Zum Jahrestag der Pogromnacht am 10. November 1988 hatte Jenninger mit der Frage gerungen, wie es zu den Verbrechen der Nationalsozialisten kommen konnte. "Vielleicht wollte er zu diesem Anlass zu viel", meinte Schäuble. Manche hätten ihn nicht verstehen wollen. Sein Rücktritt sei ein politisches Drama gewesen - und ein Lehrstück, "wie unbarmherzig die politische Welt sein kann". Jenningers politisches Leben sei durch das Missverständnis einer Stunde zerstört worden, sagte Schäuble. Kardinal Walter Kasper sagte: "Die Rede war eine Zumutung, sie hatte den Mut, Lebenslügen zu zerstören." Inhaltlich sei es eine große Rede gewesen.

© SZ vom 19.01.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: