Pazifik-Anrainer:USA schließen größten Freihandelsvertrag

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Amerikas Übereinkunft mit elf Pazifik-Nationen könnte Vorbild sein für das umstrittene TTIP-Abkommen mit Europa. Doch noch ist nicht klar, ob Obama das Paket durch den Kongress bringen wird.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Die USA und elf weitere Staaten Amerikas und Asiens haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf das größte und umfassendste Freihandelsabkommen der Geschichte verständigt. Mit dem Vertrag werden Tausende Zölle abgebaut, Handelsbarrieren beseitigt sowie technische und rechtliche Vorschriften angeglichen. Betroffen sind fast alle Bereiche, von Reis und Milch über Autos bis zu Medikamenten und Internetangeboten. Die beteiligten Länder stehen gemeinsam für rund 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Die Übereinkunft dürfte auch Vorbildcharakter für den geplanten nordatlantischen Handelsvertrag TTIP zwischen den USA und Europa haben, über den ebenfalls seit Jahren gestritten wird. Gegen beide Abkommen gab und gibt es in den beteiligten Ländern auch große Widerstände, weil Kritiker eine Aufweichung von Sozial-, Verbraucherschutz- und Umweltstandards befürchten. Auch dass sich Konzerne vor geheim tagenden Schiedsgerichten weiter gegen nationale Gesetze wehren können sollen, weil sie - zum Beispiel bei einem Atomausstieg - ihre Interessen verletzt sehen, stößt auf erbitterten Widerstand.

Da der komplette Vertragstext erst später veröffentlicht werden soll, blieb zunächst unklar, was genau die USA, Kanada, Mexiko, Chile, Peru, Japan, Malaysia, Neuseeland, Australien, Brunei, Singapur und Vietnam in dieser Frage vereinbart haben. Offenbar sind die Unterhändler jedoch zumindest teilweise auf die Kritik eingegangen. So soll es für die an den Verfahren beteiligten Anwälte neue Regeln geben, zudem wird der Tabakindustrie der Gang vor ein Schiedsgericht verwehrt. Damit soll verhindert werden, dass die Zigarettenfirmen die Einrichtungen für ihren Kampf gegen Nichtrauchergesetze missbrauchen.

Für US-Präsident Barack Obama, der sich persönlich in die fünftägigen Schlussverhandlungen eingeschaltet hatte, ist das Abkommen ein großer Erfolg. Obama hatte dem Ausbau der Beziehungen zu Asien von Beginn an Priorität eingeräumt und traditionelle Betätigungsfelder amerikanischer Außen- und Wirtschaftspolitik wie das Verhältnis zu Europa oder zum Nahen Osten dafür hintangestellt. Die jetzige Vereinbarung mit den asiatischen Partnern gilt auch als Bollwerk gegen China, dessen Einfluss auf die Nachbarstaaten in den vergangenen Jahren stetig gewachsen war.

Der Vertrag wird nach Ansicht seiner US-Befürworter viele heimische Arbeitsplätze sichern und den Wohlstand allein der Amerikaner um einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag steigern. Solche Zahlen lassen sich allerdings nicht belegen und werden daher von Kritikern bezweifelt. Auch ist nicht endgültig klar, ob Obama das Paket durch den Kongress bringen wird. Zwar wird der demokratische Präsident in der Frage von vielen republikanischen Abgeordneten und Senatoren unterstützt, die in beiden Parlamentskammern die Mehrheit stellen. In seiner eigenen Partei sowie am rechten Rand der Republikaner gibt es jedoch auch heftige Widerstände. Der Kongress kann den Pakt nur als Ganzes billigen oder ablehnen, nicht aber abändern.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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