Pauli-Schelte am politischen Aschermittwoch:Jagdszenen aus Niederbayern

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"Wenn man die Stimme der Basis ruft, muss man sie aushalten": In Passau wird die Fürther Landrätin Gabriele Pauli mit Pfiffen und Schmähungen empfangen. Nur die CSU-Politikerinnen stehen ihr zur Seite.

kaa/kast/prz

Nach dem politischen Aschermittwoch der CSU wird Kritik am Umgang mit der Fürther Landrätin Gabriele Pauli laut. ,,Ich bin bitter enttäuscht, empört und wütend'', sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen-Union, Marion Seib. Pauli war in Passau mit Pfiffen und Schmähungen empfangen worden, mehrfach skandierten die Besucher: ,,Pauli raus!''

Pauli in Passau: ,,Das war schon sehr emotional.'' Foto: dpa (Foto: N/A)

Die Nürnberger CSU-Kulturreferentin Julia Lehner kritisierte die ,,frauenfeindlichen Plakate'' einiger Passau-Pilger. ,,Da frage ich mich schon: Wo sind wir eigentlich?'' SPD und Grüne sprachen von einer ,,Hexenjagd''.

Wenn dies zum Umgangston bei Parteiveranstaltungen werde, ,,dann werden wir künftig kaum mehr Frauen für die CSU gewinnen'', prophezeite Seib. Auch in einer internen Auseinandersetzung sei es notwendig, ein ,,Mindestmaß an Anstand zu bewahren''.

Pauli selbst gab sich am Tag danach gefasst: ,,Das war schon sehr emotional'', sagte sie. Trotzdem sei es richtig gewesen, nach Passau zu fahren. Die Emotionen bei den ,,Ur-Stoiberianern'' seien einfach übergeschwappt, befeuert durch die angeheizte Stimmung und den Alkohol. ,,Viele haben den Wechsel noch nicht vollzogen'', analysierte Pauli, ,,genauso wie an der Parteispitze.''

Nun konzentriere sich der ganze Ärger auf ihre Person - weil sich niemand mit der unangenehmen Analyse der Ereignisse beschäftigen wolle. Und damit, dass es letztendlich die Landtagsfraktion gewesen sei, die Edmund Stoiber zum Rücktritt bewegt habe.

Tatsächlich hatten viele Passau-Besucher in der Fürther Landrätin den eigentlichen Grund für den Sturz des Ministerpräsidenten und CSU-Chefs ausgemacht. ,,Wo der Teufel seine Macht verspielt hat, da schickt er ein Weib'', schrieb ein Wackersdorfer auf sein Plakat. Heinz Duchene, der aus der Nähe von Darmstadt angereist war, deutete die Buchstaben von Paulis Namen auf seine Weise um: ,,Primitiv, Arrogant, Unmöglich, Link, Irre'' stand auf dem Pappkarton, den er in die Höhe reckte.

Von einer speziellen Frauenfeindlichkeit in der CSU wollte Pauli jedoch nicht sprechen; vielmehr sei in der Gesellschaft insgesamt ein altes Rollenbild verankert. ,,Es wäre schlimm genug gewesen'', wenn ein Mann Kritik an Stoiber geübt hätte, sagte Pauli. Dass sie eine Frau sei, mache die Sache für viele aber noch schlimmer.

Während Stoibers Rede wie auch bei der Verabschiedung durch Generalsekretär Markus Söder waren mehrfach ,,Pauli-raus''-Rufe laut geworden, die beiden Redner schritten indes nicht ein. Nur Söder sagte etwas hilflos: ,,Die geht schon raus - also nachher dann.'' Das ärgert Gabriele Pauli ein bisschen, aber sie bleibt diplomatisch: Ein Eingreifen ,,wäre ein Zeichen von Souveränität gewesen''.

Söder sagte, auch er habe die Rufe am Ende als ,,sehr hart'' empfunden - ,,aber das ist Passau pur''. Niemand aus der CSU-Spitze habe die Stimmung angeheizt oder die Tiraden geplant, beteuerte er. Es gelte aber für Pauli: ,,Wenn man die Stimme der Basis ruft, muss man sie aushalten.''

Die Grünen jedoch wollen ,,Jagdszenen in Niederbayern'' gesehen haben: ,,Stoiber wie Söder hätten es in der Hand gehabt, das Kesseltreiben zu beenden - stattdessen haben die beiden die Stimmung noch angeheizt'', kritisierte Fraktionschefin Margarete Bause.

Bayerns SPD-Vize Florian Pronold sagte, der Umgang mit Pauli zeige die Verkommenheit der CSU. ,,Die Einzige, die die Wahrheit gesagt hat, wird ausgepfiffen.'' In der Dreiländerhalle hatte sich Pauli nicht anmerken lassen, ob sie die Pfiffe und Buh-Rufe trafen. Manfred Weber, Chef der Jungen Union, der eine Reihe vor ihr saß, will hingegen beobachtet haben, dass Pauli ,,mit einer anderen Reaktion gerechnet'' habe. ,,Da schätzt sie die Stimmung an der Basis wohl falsch ein.''

Dass sie den Wirbel durch ihr Erscheinen provoziert habe, lässt sich Pauli nicht unterstellen. ,,Ich gehöre zur CSU, die gehören auch dazu'', sagte sie über ihre Gegner. Genau denen habe sie sich zeigen wollen. ,,Ich wollte ein Zeichen setzen für ein offenes Denken'', sagt Pauli. Ihr aufsehenerregender Auftritt - mitten durch die Halle war sie zu ihrem Platz marschiert - war nach Paulis Aussage ein Zufall: ,,Das war einfach der kürzeste Weg.''

© SZ vom 23.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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